(„The Canal“ directed by Ivan Kavanagh, 2014)
Das hatte sich der Filmarchivist David (Rupert Evans) etwas anders vorgestellt: Als er sich eines Tages historische Aufnahmen ansieht, muss er feststellen, dass in seinem Haus vor über hundert Jahren ein Mann seine untreue Frau aus Eifersucht brutal ermordete. Um seine Seelenruhe ist es seither weniger gut bestellt, umso mehr, da sich zeitgleich auch noch die Anzeichen mehren, dass seine eigene Frau Alice (Hannah Hoekstra) eine Affäre hat und kurze Zeit drauf verschwunden ist. Während der ermittelnde McNamara (Steve Oram) von der Schuld des Gehörnten überzeugt ist, hat David den unguten Verdacht, dass der Geist des Mörders erneut sein Unwesen treibt.
Ein Mann entdeckt Aufnahmen eines Mordes, die in seinem Haus früher stattgefunden haben, und wird anschließend selbst Zeuge seltsamer Vorkommnisse: Dass sich aus dieser Ausgangssituation stimmungsvolle Horrorfilme basteln lassen, hat Scott Derrickson 2012 mit Sinister unter Beweis gestellt. Ganz so viel Eindruck hinterlässt sein Kollege Ivan Kavanagh bei The Canal zwar nicht, seine Momente hat der irische Genrebeitrag aber zweifelsfrei.
Gut gelungen sind beispielsweise besagte historische Aufnahmen, die einen mit ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Bildern und finster dreinblickenden Männern durchaus das Fürchten lehren können. Und auch der Standort direkt am Kanal – nebst einer düster-heruntergekommenen öffentlichen Toilette – geben eine ansprechende Kulisse für gepflegten Gruselhorror ab. So richtig genutzt wird dieses Potenzial jedoch nicht, trotz seines Titels spielt The Canal vor allem im Haus von David. Verkehrt ist das nicht unbedingt, wie die lange Tradition des Haunted-House-Genres zeigt. Aber eben auch ein wenig beliebig.
Das trifft dann streckenweise auch auf die Horrormomente zu. Einige sind sehr schön in Szene gesetzt, machen beispielsweise einen ungewöhnlichen Gebrauch der Farbpalette, geben uns allein aufgrund der unheimlichen Musik das Gefühl, mit mehr als einem Bein diese Welt verlassen zu haben. Auch als David angesichts der Ereignisse langsam seinen Verstand verliert und die Grenzen zwischen Realität und Wahnsinn, zwischen echtem und eingebildeten Schrecken, zunehmend verwischt werden, dürfen sich die Freunde psychologisch gestützter Alpträume freuen. Diesen tatsächlich verstörenden Szenen stehen jedoch eine Reihe recht gewöhnlicher Schockversuche gegenüber, die man inzwischen einfach zu oft schon gesehen hat, um noch wirklich davon getroffen zu werden.
Insgesamt fehlt es The Canal irgendwo am gewissen Etwas, um in der Flut der Neuerscheinungen nicht unterzugehen. Richtige Schwächen gibt es kaum. Einige der Dialoge sind etwas willkürlich und Calum Heath, welcher den jungen Sohn von David und Alice spielt, ist auch wenig überzeugend. Dafür sind die Hauptrollen in dem sonst oft unter dilettantischen Darstellern leidenden Genre mit Rupert Evans und Antonia Campbell-Hughes als Davids Kollegin gut besetzt. Hätte die Geschichte mehr als den Standard gesucht, dank der Inszenierung und der Besetzung wäre ein Platz im oberen Drittel auf jeden Fall drin gewesen. So aber bleibt der irische Horrorfilm einer, der Fans zufriedenstellen dürfte, jedoch nicht unbedingt zu Begeisterungsstürmen anregt.
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