(„La casa del fin de los tiempos“ directed by Alejandro Hidalgo, 2013)
Was geschah wirklich in dem alten Haus? Die Polizei steht vor einem Rätsel, als sie dort Juan José (Gonzalo Cubero) ermordet vorfinden, von Sohn Leopoldo (Rosmel Bustamante) fehlt jede Spur. Alles deutet darauf hin, dass Ehefrau Dulce (Ruddy Rodríguez) dahintersteckt. Die kann selbst nicht erklären, was in jener Nacht geschah, berichtet von seltsamen Vorkommnissen. Glauben mag ihr das keiner, weshalb sie auch des Mordes für schuldig erklärt wird und eine langjährige Haftstrafe antreten muss. Dreißig Jahre später darf sie wieder zurück in ihr einstiges Heim, um dort den Rest abzusitzen. Und die ältere Dame ist fest entschlossen herauszufinden, was sich seinerzeit wirklich zugetragen hat.
Kaum ein Grusler wurde auf dem letztjährigen Fantasy Filmfest derart gefeiert wie die venezolanische Low-Budget-Produktion The House at the End of Time. Das Debüt von Regisseur und Drehbuchautor Alejandro Hidalgo lief sogar im festivaleigenen Wettbewerb, musste sich beim Kampf um den Fresh Blood Award aber dem Genrekollegen Housebound geschlagen geben. Tatsächlich verfolgen beide Filme ein ähnliches Ziel, und zwar dem ausgelutschten Haunted-House-Subgenre neues Leben einzuhauchen. Während man in Neuseeland auf die für das Land typische Vermischung aus Horror und Komödie vertraute, ist Hidalgos Beitrag in erster Linie ein Familiendrama, in dem das Übel nicht dem Übernatürlichen entspringt, sondern dem Zwischenmenschlichen.
Bis es jedoch soweit ist, Hidalgo seine Karten offen ausspielt, vergeht eine runde Stunde, in denen vor allem mit Genrestandards hantiert wird. Bemerkenswert ist hier die Konzentration aufs Wesentliche, der Versuch aus den begrenzten Mitteln das Maximum herauszuholen. Einiges davon ist erstaunlich gelungen: The House at the End of Time beweist die alte Weisheit, dass es nicht grotesker Monster oder Blutfontänen bedarf, um Atmosphäre zu erzeugen. Manchmal reicht da ein Rütteln an der Türklinke à la Bis das Blut gefriert, ein Arm, der durch den Spalt greift oder eine blasse Farbpalette, die schon auf den ersten Blick verdeutlicht, dass im Haus der Familie etwas Seltsames vor sich geht.
So gar nicht dazu passen will die unnötig aufdringliche Musik, die jedes Gefühl unwirklich-diffuser Spannung in einem Meer aus Bombast ertränkt. Ebenfalls unglücklich sind die dem geringen Budget geschuldeten „Effekte“. Anstatt die in verschiedenen Altersabschnitten auftretende Dulce mittels Computer altern oder von verschiedenen ähnlich aussehenden Schauspielerinnen darstellen zu lassen, griff man hier auf die gute alte Kombination aus Schminke und Perücke zurück. Bei manchem älteren Zuschauer wird das nostalgische Erinnerungen an eine Zeit wecken, in der Filme noch in der Vorstellungskraft geboren wurden und nicht im Rechner. Wirklich überzeugen will das Ergebnis jedoch ebenso wenig wie die steifen Darbietungen und die hölzernen Dialoge.
Erst zum Schluss hin zeigt The House at the End of Time seine Klasse, wenn einzelne Fäden geschickt zusammengeführt, einige Ungereimtheiten aufgeklärt werden, der Film auch verrät, was es mit dem Titel auf sich hat. Ganz neu ist die Auflösung nicht, erfahrene Horrorfreunde werden schon früher ahnen, was in dem Haus gespielt wird – und sich eventuell über die unnötig in die Länge gezogene Geschichte ärgern. So interessant es ist, die verschiedenen Zeitebenen miteinander verknüpfen zu wollen – parallel werden der Tag des Mordes sowie die Ereignisse dreißig Jahre später gezeigt – so sehr verliert sich Hidalgo immer wieder in unnötigen Erinnerungen. Angesichts des Themas und des sich langsam enthüllenden Dramas ist es zwar nachvollziehbar, von der Kindheit Leopoldos und seines jüngeren Bruders zu erzählen, die zeitliche Gewichtung stimmt jedoch nicht immer. Das absolute Genrehighlight, das manche hier sehen wollen, ist The House at the End of Time daher vielleicht nicht unbedingt, dafür ist der Film dann doch zu holprig erzählt und zu billig inszeniert. Freunde leiser Horrorgeschichten dürfen dennoch einmal nach Venezuela reisen, denn für ein Debüt schlägt sich der südamerikanische Streifen durchaus beachtlich.
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