(„The Spectacular Now“ directed by James Ponsoldt, 2013)
Das hat sich der lebenshungrige Sutter Keely (Miles Teller) anders vorgestellt: Als seine Freundin ihn sitzen lässt, betrinkt er sich vor lauter Frust und wacht in einem fremden Garten auf, wo ihn Aimee Finicky (Shailene Woodley) am nächsten Morgen findet. Gesehen hat er sie zuvor schon mal, aber kaum beachtet, so wie so ziemlich jeder das unscheinbare Mädchen bislang ignoriert hatte. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Art werden die beiden jedoch Freunde, bis sie sich irgendwann die Frage stellen müssen, ob da nicht doch mehr Gefühle im Spiel sind.
Junger Draufgänger trifft introvertiertes Mauerblümchen, das ist der Stoff, aus dem Märchen gemacht werden. Tatsächlich gibt es eine Unzahl an Filmen, die eben dieses Szenario nehmen, um eine Wohlfühlromanze für meist weibliche Teenager zu erzählen – übertriebenes Drama, lebenslange Treueschwüre und Happy End inklusive. Nicht so The Spectacular Now. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Tim Tharp setzt auf einen angenehm unspektakulären, deutlich realistischeren Ton als die Konkurrenz.
Dies fängt bereits mit der Besetzung an: Miles Teller (Whiplash) ist optisch nicht gerade der muskelbepackte Rebell, dem an der Schule alle Mädchenherzen zufliegen würden. Und auch Shailene Woodley (Die Bestimmung – Divergent, Das Schicksal ist ein mieser Verräter) ist hier keine verkappte Schönheitskönigin, deren Außenseiterdasein sich nur durch weltfremde Drehbuchautoren erklären lassen. Stattdessen sind beides Jugendliche, wie sie einem jeden Tag auf der Straße entgegenkommen könnten. Auch deren Verhaltensweisen sind glaubhaft angelegt und durch die beiden talentierten Nachwuchsdarsteller umwerfend authentisch umgesetzt.
Wer gerade der Traumkomponenten wegen Teenieromanzen anschaut, wird hier deshalb nur wenig finden, was einen glücklich macht – The Spectacular Now ist weniger ein Film für Jugendliche als vielmehr einer über Jugendliche. Das macht die Tragikomödie auch für ein älteres Publikum interessant, denn sie erinnert daran, was es heißt, jung zu sein und sich mit komplizierten Gefühlen auseinandersetzen zu müssen. Wirklich originell ist daran natürlich nichts, sieht man einmal davon ab, dass hier das wahre Leben und nicht Genrekonventionen Pate standen. Auch die Aussage des Films, das Hier und Jetzt auszunutzen, anstatt alles auf die lange Bank zu schieben oder sich Selbstzweifeln hinzugeben, ist sympathisch, jedoch ohne einen tatsächlichen Mehrwert. Man lernt hier zwei Teenager auf der Suche nach sich selbst kennen, verbringt einige Zeit mit ihnen, geht am Ende wieder – nicht mehr, nicht weniger.
Wer jedoch Filme mit Geschichten schätzt, wie sie eben das Leben schreiben könnte, der sollte diesem charmanten Independentstreifen eine Chance geben. Lediglich die Nebengeschichten um schwierige familiäre Verhältnisse werden in der Form nicht notwendig gewesen. Sie erreichen zwar nie das aufdringliche Melodram anderer Genrevertreter, lenken aber vom eigentlichen Geschehen ab und erlangen auch nicht die Glaubwürdigkeit der Beziehung zwischen Sutter und Aimee. Wirklich stark ist der Makel aber nicht, und so darf der ruhige Gegenentwurf zur Hollywood-Hochglanz-Heuchelei sicher zu den besten Teenagerfilmen der letzten Zeit gezählt werden.
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