(„Avengers: Age of Ultron“ directed by Joss Whedon, 2015)
Die Invasion der Außerirdischen wurde zurückgedrängt, es herrscht wieder Frieden auf Erden. Aber wie lange noch? Um für die Zukunft besser gewappnet zu sein, überredet Tony Stark (Robert Downey Jr.) den Wissenschaftler Bruce Banner (Mark Ruffalo) den Stab des Loki für ein geheimes Programm zu verwenden. Doch der Plan schlägt fehl, statt die anderen zu schützen, steht plötzlich der Roboter Ultron (James Spader) vor ihnen. Und der verfolgt zwar auch das Ziel, der Welt Frieden zu bringen, hat dabei jedoch ganz eigene Vorstellungen: Nur wenn alles vernichtet wird, herrscht endlich Ruhe. Klar, dass die Avengers da nicht tatenlos zusehen wollen, bekommen es dabei jedoch nicht nur mit einer ganzen Armee von Robotern zu tun, auch die beiden übernatürlich begabten Geschwister Wanda (Elizabeth Olsen) und Pietro Maximoff (Aaron Taylor-Johnson) stellen sich ihnen in den Weg.
Dass nach dem erfolgreichen Start der Einzelabenteuer Iron Man, Der unglaubliche Hulk, Thor und Captain America auch das Zusammentreffen der Superhelden ordentlich Geld in die Kasse spülen würde, war klar. Aber selbst die größten Optimisten bei Marvel hätten wohl das Ergebnis nicht erwartet: 1,5 Milliarden spielte The Avengers 2012 ein, nach Avatar und Titanic bedeutet das Platz drei auf der ewigen Hitliste. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an das zweite gemeinsame Abenteuer, und auch die Neugierde, wie Joss Whedon den gigantischen Blockbuster noch übertreffen will.
Will er gar nicht, Avengers: Age of Ultron hält sich recht eng an die etablierte Erfolgsformel, sollen andere experimentieren, hier wird auf Bewährtes gesetzt. An ein paar Stellschrauben wird zwar gedreht. Beispielsweise soll die eher dröge Figur des Hawkeye (Jeremy Renner) durch eine erweiterte Hintergrundgeschichte aufgewertet werden, ebenso die seiner ebenfalls ohne übermenschliche Kräfte ausgestattete Kollegin Black Widow (Scarlett Johansson). Doch sind die Passagen viel zu kurz, um eine tatsächliche Wirkung zu entfalten, gleiches gilt für die etwas aufgesetzte Romanze, die plötzlich ihren Weg in die launige Klopperei findet.
Damit wird ein Problem fortgesetzt, das bereits The Avengers geplagt hatte: Der Film hat zu viele Figuren, trotz einer Länge von über 140 Minuten bleibt einfach nicht der Raum, um irgendwo in die Tiefe zu gehen. Sicher sollte man die bei einem Superheldenfilm ohnehin nicht unbedingt erwarten, aber wenn bekannte Figuren wie Nick Fury, Heimdall, War Machine, Falcon und Erik Selvig jeweils keine fünf Minuten Leinwandzeit bekommen, dann stellt sich schon die Frage, ob da weniger nicht doch mehr gewesen wäre. Etwas besser steht es um die beiden Neuzugänge Quicksilver – der auch im Marvel-Konkurrenzprodukt X-Men: Zukunft ist Vergangenheit auftaucht – und Scarlet Witch. Aber auch die beiden kommen letztendlich zu kurz, müssen anders als die Avengers in zu rasender Geschwindigkeit eingeführt und weiterentwickelt werden.
Überhaupt sieht die Gegenseite dieses Mal eher schwach aus. So eindrucksvoll deren Fähigkeiten auch sind, so wundervoll James Spader im englischen Original Ultron seine Stimme leiht, sie können es nicht mit der Leinwandpräsenz von Loki (Tom Hiddleston) aufnehmen. Und ein Superheld ohne einen Superschurken, das ist nunmal wenig spannend. Da helfen auch die vielen Roboterklone nicht, welche zum Ende hin als Widersacher herhalten müssen und damit eine Massenschlacht herbeiführen.
Die ist dafür natürlich wieder mal sehr schön anzuschauen, effektmäßig spielt Avengers: Age of Ultron in der obersten Liga mit. Gerade wenn alle zusammenkommen, sie ihre jeweiligen Superkräfte nutzen und in perfekt durchchoreografierten Actionszenen alles kurz und klein schlagen, dann ist das höchst schmackhaftes Popcornkino. Und auch die witzigen und selbstironischen Oneliner dürfen wieder nicht fehlen, manchmal wäre der Schritt zu einer reinen Komödie gar nicht mehr so weit. Somit bietet der 11. Beitrag des Marvel Cinematic Universe genau das, was man von der Reihe erwarten darf, nicht mehr, nicht weniger.
Wenn etwas das Vergnügen schmälert, dann ist es, dass man in der Planung bereits ein paar Filme weiter ist und für 2018 und 2019 den Zweiteiler Infinity War angekündigt hat. Erste kleinere Vorboten sind bereits hier und da eingestreut und versprechen einen kolossalen Auftritt der derzeitigen und noch kommenden Figuren. Und im Vergleich dazu ist das wenig ambitionierte Avengers: Age of Ultron letztendlich nicht mehr als ein zwar unterhaltsamer, aber nur wenig ambitionierter Zwischenstopp, der die Gesamtgeschichte kaum vorantreibt.
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