(„Houdini“ directed by Uli Edel, 2014)
Viel zu lachen hatte Erik Weisz (Adrien Brody) als Kind ja nicht, der Sohn ungarischer Auswanderer in den USA litt sehr unter der harschen Erziehung seines streng gläubigen Vaters. Schon damals entkam er der tristen Realität durch das Einüben von Tricks und den Traum, ein großer Zauberer zu sein. Jetzt, als Erwachsener, ist ihm das gelungen, weltweit hält er mit seinen Entfesslungsnummern seine Zuschauer in Atem. Und nicht nur die: Auch seine Frau Bess (Kristen Connolly) zittert bei den immer riskanter werdenden Auftritten mit, verzweifelt daran, dass sie ihm nie so wichtig zu sein scheint wie seine Shows.
Was ist echt? Was ist nur vorgestellt? Diese Frage beschäftigt nicht nur das Publikum von Illusionisten und Magiern, auch Houdini – Die komplette Serie liebt es, die Grenzen zwischen beidem zu verwischen. Noch bevor die zweiteilige Mini-Serie beginnt, klärt ein kurzer Einblender darüber auf, dass sie Fakt und Fiktion zugleich ist, es am Zuschauer liegt, den Unterschied zu erkennen. Das wird jedoch nur den wenigsten gelingen, wer sich nicht gerade mit dem Leben des berühmten Entfesslungskünstlers auseinander gesetzt hat, hat kaum eine Chance, das eng verwobene Netz aus Halbwahrheiten, historischen Begebenheiten und dramatischen Übersteigerungen zu durchreißen.
Aber es ist ohnehin weniger das Leben an sich, worum es sich hier dreht. Vielmehr stellt Houdini – Die komplette Serie den ambitionierten Versuch dar, den Mann hinter dem Zauberer vorzustellen, seine Wünsche und Träume. Vor allem aber seine Abgründe. Basierend auf dem Buch „Houdini: A Mind in Chains: a Psychoanalytic Portrait“ von Bernard Meyer wird Houdini als komplexbehafteter Mann gezeigt, der eine Art Todessehnsucht mit sich herumträgt, sozial eher weniger kompetent ist und seiner Mutter gegenüber etwas zuviel Gefühle mitbringt.
„Etwas zuviel“ trifft dann auch auf die Machart des Zweiteilers zu. Schon am Anfang, wenn wir Houdini droht, unter der Eisschicht des zugefrorenen Flusses zu ertrinken, und dabei mächtige Industrialklänge erklingen, wird klar, dass es hier nicht um das nüchterne Wiedergeben einer Biografie geht. Regisseur Uli Edel (Letzte Ausfahrt Brooklyn, Der Baader Meinhof Komplex) will in Houdini unterhalten, um jeden Preis. Dass er dabei manchmal etwas grob wird, nimmt er in Kauf, da dürfen Metaphern gern auch zu Tode geprügelt werden, so lange der Zuschauer am Ende die Nachricht auch mitnimmt. Das ist nicht nur unnötig, sondern auch irritierend, macht die Serie trotz interessanter Momente zuweilen zu einer recht anstrengenden Angelegenheit.
Verstärkt wird das durch das Gefühl, dass sich die Geschichte kaum vorwärts bewegt. Es sind die ewig gleichen Konflikte und Szenen, die hier ausgebreitet werden. Wenn einmal etwas Neues geschieht – wie Houdinis Spionagetätigkeiten oder sein Kampf gegen den Spiritismus –, dann werden diese Elemente kaum ausgearbeitet. Trotz des Anspruchs, bei dem Porträt mehr in die Tiefe zu gehen, bleibt Houdini insgesamt zu oft an der Oberfläche. Und auch optisch meint man, in einer Zeitblase festzustecken, Maske und Ausstattung tun zu wenig dafür, die dreißig Jahre, über die sich die Erzählung erstreckt, auch wirklich spürbar zu machen.
Zu sehen gibt es aber natürlich dennoch genug: Für eine TV-Produktion wurde viel Geld investiert, einige Bilder sind fantastisch, diverse schöne Tricks gibt es ebenfalls zu bewundern. Und dass an Adrien Brodys Darstellung nicht viel auszusetzen ist, dürfte ebenfalls niemanden überraschen. Nur will das alles nicht so ganz reichen, um die kompletten drei Stunden hindurch zu fesseln, mehr als fürs Mittelfeld reicht es hier trotz der großen Namen nicht.
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