(„Captain America“ directed by Albert Pyun, 1990)
Der zweite Weltkrieg ist im vollen Gange, auch die USA haben inzwischen ins Kriegsgeschehen eingegriffen. Um ihre Chancen gegen die Nazis zu steigern, entwickelt das amerikanische Militär eine Methode, ihren Soldaten Superkräfte zu verleihen. Steve Rogers (Matt Salinger) darf als erster Teil dieses Experiments werden. Mit Erfolg: Zuvor wegen seines lahmen Beim von der Armee abgewiesen worden, darf er nun als muskelbepackter Captain America anderen das Fürchten lernen. Doch in dem ebenfalls genmanipulierten Red Skull (Scott Paulin) findet er seinen Meister und wird nach dem Kampf in Eis eingeschlossen. Per Zufall wird er mehrere Jahrzehnte später wiederentdeckt, und das keinen Moment zu früh: Der Krieg mag lange vorbei sein, sein alter Erzfeind plant aber einen erneuten Coup gegen die frei Welt.
Weit mehr als drei Milliarden Dollar haben Chris Evans’ Auftritte als Captain America bereits eingespielt, von Captain America: The First Avenger bis zum aktuellen Superblockbuster Avengers: Age of Ultron. Angesichts solch gigantischer Einspielergebnisse vergisst man leicht, dass zuvor schon andere in die Rolle des ersten Rächers geschlüpft sind – bis ins Jahr 1944 gehen die Versuche zurück, den bekannten Comichelden auch in Film und Fernsehen groß rauszubringen. Einen wirklich bleibenden – und positiven – Eindruck hat jedoch niemand hinterlassen. Auch Matt Salinger nicht, der 1990 zum ersten und einzigen Mal um die Gunst der Fans buhlte.
Das ist jetzt jedoch weniger auf mangelnde Schauspielfähigkeiten zurückzuführen, denn als Charakter war Amerikas patriotischster Held ohnehin nie allzu interessant gewesen. Vielmehr krankt der Film in erster Linie daran, dass tricktechnisch seither 25 Jahre vergangen sind und bei der Direct-to-Video-Produktion das Budget deutlich geringer als beim ambitionierten Marvel Cinematic Universe. Schon das Latexkostüm sieht eher nach Cosplay aus, weniger nach einem tatsächlichen Film. Richtig übel wird es jedoch, wenn in Captain America Effekte eingesetzt werden sollen, zum Beispiel bei einer Versuchsratte am Anfang des Films. Einen gewissen trashigen Retro-Charme hat das sicher, vergleichbar zu der Serie Der unglaubliche Hulk. Ernst nehmen darf man den B-Movie jedoch nicht.
Und das ist das zweite große Problem von Captain America: Es fehlt der notwendige Humor, um den traditionell schwachsinnigen Geschichten aus dem Marvel-Universum würdig zu begegnen. Das heißt nicht, dass man hier nicht lachen darf. Doch geschieht das eher unbeabsichtigt: Wenn sich ausgerechnet der amerikanische Präsident Tom Kimball (Ronny Cox) vehement für den Naturschutz einsetzt und sich dafür auch mit Europa anlegt, dann ist das nicht nur für einen Film von 1990 unfreiwillig komisch. Ein paar Running Gags gibt es, auch in dieser Fassung tut sich ein aufgetauter Captain America schwer mit den veränderten Gesellschaftsbedingungen und neuen Technologien. Aber selbst da wird maximal Durchschnitt erreicht, was zusammen mit der billigen Präsentation einfach nicht ausreicht.
Wem die aktuellen Abenteuer des Rächers gefallen und deshalb nach vergleichbarem Nachschub sucht, kann Captain America ignorieren. Interessant ist der Film in erster Linie für nostalgisch veranlagte Trashliebhaber. Oder eben leidenschaftliche Marvel-Fans. Die dürfen sich übrigens über eine kurze Anspielung auf Human Torch und Namor freuen, die noch vor Amerikas Vorzeigeheld ihr Debüt in einem Comic feierten. Das gilt jedoch nur für das englische Original, in der deutschen Synchronfassung wurden die beiden inzwischen in Vergessenheit geratenen Figuren einfach übergangen, wohl weil niemand die Anspielung verstanden hätte.
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