(„House of Last Things“ directed by Michael Bartlett, 2013)
Mehrfach hat Sarah (Diane Dalton) bereits versucht, sich umzubringen, auch eine Therapie half ihr nicht, die Tragödie zu überwinden. Um sie auf andere Gedanken zu bringen, überredet ihr Ehemann Alan (Randy Schulman) sie zu einem Italienurlaub, seine Bekannte Kelly (Lindsey Haun) soll sich inzwischen um das Haus kümmern. Was sie auch tut, gemeinsam mit ihrem etwas zurückgebliebenen Bruder Tim (RJ Mitte) und ihrem Freund Jesse (Blake Berris), die in dem stattlichen Anwesen eine schöne Zeit verbringen wollen. So richtig schön ist es dort aber nicht, immer wieder kommt es zu seltsamen Vorkommnissen – vor allem als Jesse irgendwann den introvertierten Jungen Adam (Micah Nelson) entführt, um Geld von dessen Eltern zu erpressen.
Besucher des Fantasy Filmfests haben alljährlich das Vergnügen meist mehrerer Vertreter des Haunted-House-Horror-Subgenres aus aller Herren Länder: The Awakening (England), The House at the End of Time (Venezuela), The Complex (Japan), The Canal (Irland), Housebound (Neuseeland), Rigor Mortis (Hongkong), Der Babadook (Australien), sie alle handeln von Anwesen, in denen es nicht mit rechten Dingen zu geht. Und fast immer steht am Anfang eine Tragödie, welche den Geistern der Vergangenheit keine Ruhe lässt. So auch beim amerikanischen Kollegen House of Last Things, welcher 2013 im Rahmen des berühmt-berüchtigten Genrefestivals lief.
Das Prinzip hier ist daher alles andere als neu, die Geschichte ist es auch nicht: Worum es hier letztendlich geht, dürften horrorerfahrene Zuschauer schon sehr schnell ahnen. Regisseur und Drehbuchautor Michael Bartlett streut so viele Hinweise in knapp 110 Minuten, dass das große Finale kein wirkliches mehr ist. Die fehlende Spannung von House of Last Things liegt aber nicht nur an den ausgetretenen inhaltlichen Pfaden, sondern auch an der Umsetzung. Wo andere Regisseure und Drehbuchautoren auf verlassene, alte Häuser setzen, ist das Heim von Sarah und Alan recht neu. Dunkle Stellen gibt es hier kaum, alles erstrahlt in hellen Bonbonfarben, es gibt starke Kontraste in Form zweier wiederkehrender Bilder, dazu ertönt eine sehr verspielte Musik – der Film sieht eher nach 50er-Jahre-Drama aus, weniger nach 2010er Horrorfilm. Eine wirkliche Gruselatmosphäre will sich so nicht einstellen, auch auf die beliebten Jump Scares muss man hier fast völlig verzichten.
Doch auch wenn House of Last Things kaum die Bedürfnisse der Anhänger nervenaufreibender Geistergeschichten befriedigt, seinen Reiz hat der Film sicherlich. Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen zu lassen, daran haben sich schon viele Horrorstreifen versucht. Doch kaum einer hat das je so konsequent gemacht wie dieser hier: Anfangs ein sparsam eingesetztes Stilmittel werden die Halluzinationen der Hausbesetzer mit der Zeit immer stärker, bis irgendwann gar nicht mehr klar ist, auf welcher Seite des Traums wir uns eigentlich befinden. Immer wieder kommt es zu bizarren Situationen, werden Erinnerungen und Erlebnisse gleichgesetzt. Und auch durch die seltsamen Dialoge – „Willst du Tee oder Suppe?“ – verliert der Film zunehmend an Bodenhaftung. Das reicht zwar nicht aus, um über die ganze Zeit hinweg zu fesseln, zusammen mit einigen verstörenden Einfällen gibt es aber immerhin eine Reihe von faszinierenden Momenten, darunter der surreale Auftakt, die uns in eine unwirkliche Wirklichkeit entführen, in der hier und dort, gestern und heute Begriffe ohne Wert sind.
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