(„The Mule“ directed by Angus Sampson and Tony Mahony, 2014)
Die Wahl zum Mitglied des Jahres im hiesigen Sportverein hat Ray (Angus Sampson) zwar gewonnen, ansonsten steht das Glück aber weniger auf seiner Seite: Er wohnt noch mit 30 bei seinen Eltern, plagt sich mit einem schlecht bezahlten Job bei einem TV-Reparaturdienst ab, sein Vater hat aufgrund von Spielschulden Ärger mit den lokalen Gangstern. Und so stimmt er letztlich zu, als sein Teamkollege Gavin (Leigh Whannell) ihn dazu überredet, Drogen aus Thailand zu schmuggeln – in seinem Magen. Fast wäre der Plan auch aufgegangen, bis Ray am Flughafen die Nerven verliert. Und so wird er unter die Aufsicht der Polizisten Paris (Ewen Leslie) und Croft (Hugo Weaving) gestellt, soll eine Woche festgehalten werden, bis er entweder gesteht oder die Drogen ausscheidet. Doch Ray tut alles dafür, den Inhalt für sich zu behalten; ein Wettlauf gegen die Zeit und die körperlichen Bedürfnisse.
Es gibt Geschichten, die sind einfach zu absurd, als dass sie sich jemand ausdenken könnte. So auch bei der australischen Krimikomödie The Mule, die auf einer wahren Begebenheit beruhen soll. Wie viel davon nun wirklich passiert ist, wie viel dramaturgisch aufgemotzt, das wird wie üblich offen gelassen. Fakt ist, dass die Regisseure Angus Sampson und Tony Mahony aus dem begrenzten Stoff einen Film gebastelt haben, der sehr eigenwillig und spannend ist, teilweise aber auch komisch.
Um Letzteres unterschreiben zu können, braucht es aber schon einen Humor, der gern dunkler gefärbt sein darf. Und auch vor Fäkalhumor sollte der Zuschauer besser nicht zurückschrecken. Ganz so arg wie beim Darmmonster Bad Milo! wird es zwar nicht, die eine oder andere explizite Szene gibt es aber auch hier. Und während der restlichen Zeit erledigt die Vorstellungskraft die Drecksarbeit, zu zart besaitet sollte der eigene Magen also nicht sein. Und den Film während des Abendessens schauen zu wollen, ist ohnehin tabu.
Witzig sind aber auch die Figuren. Ob es nun der einfach gestrickte Ray ist, seine herrische Mutter, die schmierigen Gangster oder die ultraharten Cops, man bewegt sich hier schon nahe der Karikatur. Das schadet zwar in Sachen Glaubwürdigkeit, sorgt aber beim Aufprall der verschiedenen Welten, die jeweils an der anderen verzweifeln, für eine Reihe amüsanter Momente.
Höher noch als der Erheiterungsgrad ist jedoch die Spannungskurve. Denn während es gerade im ersten Drittel nur wenig Grund zum Lachen gibt, will man schon wissen, wie es weitergeht. Dass Ray mit seiner Aufgabe überfordert sein wird, steht außer Frage. Auch dass alles im Chaos enden muss, ist mehr oder weniger klar. Ansonsten darf man sich bei The Mule aber darüber freuen, wie wenig hier vorhersehbar ist: Die Ereignisse überschlagen sich irgendwann, jeder kämpft gegen jeden, bis man gar nicht mehr weiß, welche Seite des Gesetzes man überhaupt noch anfeuern soll.
Dennoch sind Tempo und Abwechslung nicht unbedingt die große Stärke des australischen Films, was aber der zugrunde liegenden Geschichte geschuldet ist. Nach einem schnellen Wechsel von Schauplätzen – Vereinsraum, Arbeitsplatz, Rays Zuhause, Thailand, Flughafen – gibt es knapp eine Stunde lang praktisch nur einen Ort des Geschehens: das Hotelzimmer. Und so richtig viel geschehen tut dann auch gar nicht mehr, die Polizisten versuchen, Ray zur Darmentleerung zu nötigen, dieser setzt sich zur Wehr. Ein paar Nebenstränge rund um die Familie und Gangster gibt es zwar, wirklich wichtig ist aber nichts davon. An manchen Stellen fühlt man sich daher verführt, doch zur Fernbedienung zu greifen und das Ende etwas verfrüht beizuholen, um so den Ausgang zu erfahren. Insgesamt überwiegt aber der positive Eindruck, wer The Mule letztes Jahr auf dem Fantasy Filmfest verpasst haben sollte, darf sich daher über die Veröffentlichung fürs Heimkino freuen.
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