(„Clan“ directed by Kaat Beels and Nathalie Basteyns, 2012)
Die Geschäfte laufen schlecht, die Versicherungsagenten Mathias (Geert Van Rampelberg) und Thomas Dewitt (Robbie Cleiren) stehen vor dem Aus. Als dann auch noch ihr Klient Jean-Claude Delcorps (Dirk Roofthooft) stirbt und damit eine fette Lebensversicherung ansteht, steht der Familienbetrieb ganz vor dem Aus. Oder vielleicht doch nicht? Sollte sich herausstellen, dass der vermeintliche Unfall in Wirklichkeit Mord war, würde der Versicherungsanspruch erlöschen. Und die beiden Brüder haben auch schon einen Verdacht, wer da ein bisschen nachgeholfen haben könnte: Jean-Claudes Witwe Goedele (Inge Paulussen) und deren vier Schwestern Eva (Barbara Sarafian), Veerle (Kristin Van Pellicom), Birgit (Ruth Becquart) und Rebekka (Maaike Neuville).
Man nehme eine Leiche, die zu Beginn gefunden wird, ein hinzugerufener Detektiv und eine Reihe von Tatverdächtigen, die alle einen Grund dafür hätten, für das verfrühte Ablegen gesorgt zu haben – so das Grundrezept des klassischen Whodunnit-Krimis, wo sich alles darum dreht, den Tathergang zu rekonstruieren und den Mörder zu finden. Oder man macht es wie Columbo, wo das Pferd von hinten aufgezäumt wird, wir bei der Tat anwesend sind, das wer, wie und wo also schon kennen und darauf warten, dass der Ermittler auf die Wahrheit kommt. Die belgische Serie Clan scheint auf den ersten Blick dieser zweiten Tradition verpflichtet zu sein, denn dass die Goethals-Schwestern etwas zu verbergen haben und es aufs Jean-Claudes Leben abgesehen hatten, das wird sehr schnell klar.
Und doch geht Clan einen ganz eigenen Weg. Nicht nur, dass hier eine komplette Staffel einem einzigen Fall gewidmet ist, vergleichbar zu True Detective oder Broadchurch, der Mord selbst ist gar nicht mal so wichtig. Stattdessen stehen hier die Figuren im Vordergrund, ihre Beziehung zu Jean-Claude: In insgesamt zehn Folgen wird mit Einsatz zahlreicher Rückblenden und Zeitsprüngen herausgearbeitet, warum er von so vielen Leuten gehasst wurde, dass sie alle seinen Tod wünschten.
Nicht nur an der Stelle zeigen die Belgier viel Sinn für Humor, der mal absurd, oft vor allem sehr schwarz ist. Wenn wir erfahren, mit welcher Raffinesse, Perfidität und Professionalität das Ekelpaket zuvor anderen das Leben zur Hölle gemacht hat, gehört das zu den komischen Höhepunkten der Fernsehproduktion. Glaubwürdig ist das nicht unbedingt, witzig dafür umso mehr. Und auch die diversen zuvor gescheiterten Mordversuche der Schwestern nebst unglücklicher Kollateralschaden sowie die vielen kuriosen Figuren lassen Clan oft fast schon zu einer Komödie werden.
Aber eben nur fast. Hinter der skurrilen Fassade warten auch viele traurige Geschichten: Menschen, denen durch Rufmord ihre Existenz geraubt wird, demenzkranke Mütter, Vernachlässigung des Partners, unterdrückte Gefühle und seelische Grausamkeiten im täglichen Miteinander. Gleichzeitig wird der Krimiaspekt später doch wieder verstärkt, als plötzlich noch andere Figuren auftauchen, die ebenfalls ein gewichtiges Motiv haben. Sind die Schwestern am Ende unschuldig? War es überhaupt ein Mord?
Dieses Nebeneinander von komisch und dramatisch, skurril und spannend ist nicht immer geglückt: Vor allem der Anfang wirkt seltsam unentschlossen, aber auch im späteren Verlauf stellt man sich immer mal wieder die Frage, was denn Clan nun eigentlich sein will. Dass einige Nebenhandlungen die Geschichte etwas unnötig in die Länge ziehen und manche Wendung ein bisschen plump ist, war vielleicht auch nicht die beste Entscheidung. Insgesamt überwiegt der positive Eindruck jedoch, nach dem konfus-gemächlichen Start fesselt einen die kleine belgische Serie an den Fernseher und man will wissen, wer es denn nun geschafft hat, die Welt von Jean-Claude zu befreien. Und alleine für den grandiosen Vorspann hat es sich ohnehin gelohnt, die mörderische Familie einmal kennengelernt zu haben.
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