(„Cousin Cousine“ directed by Jean-Charles Tacchella, 1975)
Eigentlich sind beide ja verheiratet, und auch miteinander verwandt – wenn auch nur angeheiratet. Doch als die dreißigjährige Mutter Marthe (Marie-Christine Barrault) und der Tanzlehrer Ludovic (Victor Lanoux) sich bei einer Hochzeit kennenlernen, die sie beide zu Cousine und Cousin machen, ist die Sympathie schon sehr groß. Und so beginnen die beiden, sich immer wieder zu verabreden, auf einer rein platonischen Ebene. Doch irgendwie macht es ihnen schon Spaß, wie ihre regelmäßigen Treffen das Misstrauen ihres Umfeldes weckt, was die beiden aber noch umso mehr anstachelt.
„Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?“, lautet die ebenso obligatorische wie rhetorische Frage, die dem Gros der Liebeskomödien zugrunde liegt. So auch bei Cousin Cousine. Und doch ist der französische Film aus dem Jahr 1975 ein wenig anders, als man es von dem gut besuchten Genre gewohnt ist. Der erste große Unterschied: Marthe und Ludovic sind weder vom Leben verunsicherte Backfische noch Supermodels, denen man die Liebesprobleme ohnehin nicht abnimmt. Stattdessen sehen wir hier zwei Menschen in den mittleren Jahren, sicher nicht unattraktiv, aber auch niemand, nach dem man sich auf der Straße umdrehen würde. Es ist der Alltag, den wir hier zu sehen bekommen, und der entspricht nun mal nicht immer ganz dem, was man sich von ihm erhofft.
Das soll nicht heißen, dass Cousin Cousine allzu ernst ist. Und auch die Sache mit dem Realismus will man hier nicht zu eng sehen. Gerade die skurrilen Figuren im Umfeld der beiden sorgen dafür, dass der Film die Balance zwischen dem unschönen Thema des Ehebruchs und lockerer Unterhaltung behält, man nie vergisst, im Bereich der Fiktion unterwegs zu sein. So steigt Marthes Mann Pascal (Guy Marchand) mit jeder Frau ins Bett, die er kriegen kann, führt sogar eine Liste darüber. Karine (Marie-France Pisier) wiederum, Ehegattin von Ludovic, findet ihre Erfüllung in einer Schlafkur – was in einem starken Gegensatz zu ihrem lebenshungrigen Mann steht, der alle drei Jahre die Arbeit wechselt, um niemals irgendwo stehenbleiben zu müssen.
Natürlich hat man auch das schon oft gesehen, dass zwei Menschen mit dem falschen Partner zusammen sind und im Laufe des Films erkennen müssen, wer der richtige ist. Aber vergleichbar charmant und sympathisch wie hier geschieht das nur selten, mit einem feinen Gespür für Humor und das Zwischenmenschliche. Gerade das Vergnügen, das die beiden dabei empfinden, ihr Umfeld ein wenig zu piesacken und die Beiläufigkeit, mit der sie sich dann doch näherkommen, unterscheidet Cousin Cousine trotz der ähnlichen Geschichte von anderen Genrevertretern. Der Humor ist dabei etwas zurückgenommen, die großen Schenkelklopfer braucht man hier nicht zu erwarten. So wie die beiden Protagonisten eher den Hintergrund vorziehen anstatt der großen Bühne, so ist auch ihre Begegnung leise und unspektakulär erzählt, mit vielen Details, die für die Romanze zwar irrelevant sind, aber Einblicke geben in das Leben und das Drumherum. Für Schmachtfanatiker könnte das zu wenig sein, der Rest darf sich aber freuen, dass der Geheimtipp unlängst auf DVD erschien.
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