(„Aggression Scale“ directed by Steven C. Miller, 2012)
Schlimmer kann es für Reg Bellavance (Ray Wise) kaum kommen. Nicht nur, dass dem Gangsterboss ein Aufenthalt hinter Gittern droht und er gerade mal 48 Stunden Zeit hat, sich aus dem Staub zu machen. Irgendjemand hat ihm auch noch das dringend benötigte Fluchtgeld gemopst. Um dieses zurückzubekommen, schickt er den Auftragskiller Lloyd (Dana Ashbrook) und dessen Gehilfen los, damit sie die Leute auf einer von Reg erstellten Liste abklappern, die allesamt als Täter in Frage kommen. Einer dieser Verdächtigen ist Bill Rutledge (Boyd Kestner), der zusammen mit einer Familie gerade ein neues Haus bezogen hat. Diese kaltzumachen, keine besonders schwere Aufgabe – sollte man meinen. Was die Verbrecherbande jedoch nicht ahnt: Sohn Owen (Ryan Hartwig) ist alles andere als wehrlos, genießt es sogar, selbst auf die Aggressoren Jagd zu machen.
Wenn kleine Kinder es den großen Erwachsenen mal so richtig zeigen, dann wird es oft lustig, jüngere Zuschauer bekommen zudem eine Identifikationsfigur, mit der sie mitfühlen können. Ersteres trifft bei Aggression Scale zu, Letzteres nicht – streckenweise wird der Film so brutal, dass kein Kind auch nur in seine Nähe kommen sollte. Für Freunde nicht ganz ernst gemeinter Home-Invasion-Thriller ist der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2012 hingegen ein Blick wert. Tatsächlich mutet der Streifen wie eine Kreuzung seiner Festivalkollegen You’re Next und Camp Evil an, ohne jedoch an diese heranzukommen.
Da wäre zunächst einmal der minimalistische Inhalt, der einem wirklich nur das Nötigste mit auf den Weg gibt. Warum Bill auf Regs Liste steht, wird nicht verraten, ebenso wenig was die vorherigen Opfer von Lloyd dort zu suchen hatten. Woher wusste der eingesperrte Reg, wer sein Geld haben könnte? Ist Bill ein Verbrecher? Wusste seine neue Frau etwas davon? Wie konnten sie so schnell gefunden werden, nachdem sie gerade erst umgezogen waren? Natürlich ist die Geschichte bei einem solchen Film eher nebensächlich, bei Aggression Scale ist das alles aber zu umständlich, unglaubwürdig und zusammengeschustert als dass es die relativ lange Einleitung gebraucht hätte. Anders ausgedrückt: Wer bei einem Home-Invasion-Thriller schon mehr als die üblichen Psychopatheneinbrecher auf die Helden hetzt, sollte das schon konsequenter tun und das Geschehen nicht wie hier unnötig in die Länge ziehen.
Deutlich unterhaltsamer wird es ab dem Zeitpunkt, wo die Ambitionen auf eine Geschichte ad acta gelegt werden, man sich auf den Kampf Kind gegen Erwachsener konzentriert. Das erinnert im Grundsatz natürlich an den Komödienklassiker Kevin – Allein zu Haus, ohne aber dass Titelfigur Owen als Held aufgebaut werden soll – denn der ist genauso verkommen wie seine Gegenspieler, redet den ganzen Film über zudem kein einziges Wort. Während seine ausgefeilten Feilen und seine herrlich übertriebenen Kampfkünste für Freude sorgen, lässt sich das von seiner Filmschwester Lauren (Fabianne Therese) weniger behaupten. Die entspricht dem üblichen „Damsel-in-Distress“-Klischee, nervt mit ihrem ständigen Gekreische so sehr, dass man sich wünscht, die Killer mögen doch bitte sie als nächstes Opfer nehmen. Mit etwas mehr Wehrhaftigkeit von ihrer Seite aus oder auch mehr Abwechslung, Aggression Scale hätte richtig spaßig werden können. So aber bleibt der Film nur ein weiterer Eintrag im umfangreichen Genreregister.
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