Am gruenen Rand der Welt
© 20th Century Fox

Am grünen Rand der Welt

(„Am grünen Rand der Welt“ directed by Thomas Vinterberg, 2015)

Am gruenen Rand der WeltBathsheba Everdene (Carey Mulligan) ist eine junge, schöne und unabhängige Frau. Ein bisschen zu unabhängig, wenn es nach den Männern in ihrem Umfeld geht, deren Werben bei ihr auf taube Ohren stoßen. Zunächst erteilt sie Gabriel Oak (Matthias Schoenaerts) eine Abfuhr, der nach einem Unglück sämtliches Hab und Gut verliert und nun als Schäfer für sie arbeitet. Aber auch die Bemühungen des älteren, wohlhabenden Gutsbesitzers William Boldwood (Michael Sheen) sind nicht von Erfolg gekrönt. Dann jedoch taucht der impulsive Offizier Frank Troy (Tom Sturridge) auf. Und der ist im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern nur wenig von Zurückhaltung geplagt.

Ein Regisseur, der durch harte Dramen auf sich aufmerksam gemacht hat verfilmt einen Roman des viktorianischen Autors Thomas Hardy – ja, das klingt mehr als absurd. Warum der Däne Thomas Vinterberg (Das Fest, Die Jagd) sich ausgerechnet das bereits mehrfach verfilmte „Am grünen Rand der Welt“ für sein nächstes Projekt ausgesucht hat, darüber darf man lange spekulieren. Gelungen ist die historische Romanze jedoch, Vinterberg fügt sich gut in den durch die literarische Vorlage und die durch andere Kostümfilme geweckten Erwartungen ein. Ein bisschen zu gut vielleicht.

Tatsächlich dürfte kaum einer, der Am grünen Rand der Welt sieht, auf Anhieb bemerken, wer denn da nun auf dem Regiestuhl Platz genommen hat: Hier gibt es keine düsteren Familiengeheimnisse, kaum menschliche Abgründe oder moralische Dilemmata. Stattdessen ist der Film eine vom groben Ablauf her doch recht typische Romanze über eine Frau, die im emotionalen Labyrinth nach ihrem eigenen Weg sucht, nur um dann doch da rauszukommen, wo man sie als Zuschauer schon von Anfang an gesehen hat. Überraschend ist die Geschichte also nicht, wer von den recht einseitig gezeichneten männlichen Anwärtern auf die Liebe als Sieger bestimmt ist, dafür braucht es sicher keine besonders große Fantasie.

Wenn ein Charakter hier interessant ist, dann ist es der von Bathsheba, die nicht nur einen unaussprechlichen Namen hat, sondern auch sonst nicht ganz dem gängigen Muster entspricht. Üblicherweise sind die weiblichen Heldinnen einer viktorianischen Geschichte über jeden Zweifel erhaben, ein bisschen zu gut für diese Welt. Wenn sie am Anfang nicht da angekommen sind, wo sie hingehören, dann meist durch ihre Fügsamkeit und äußere Umstände, oft auch ein großes Unrecht, das es im weiteren Verlauf zu berichtigen gibt. Hier braucht es das gar nicht, mit einer bemerkenswerten Ignoranz steht sich die plötzlich zu Reichtum gekommene Gutsherrin selbst im Weg. Das macht sie vielleicht nicht immer sympathisch, dafür aber weniger idealisiert als man es aus anderen Kostümfilmen kennt.

Und gut gespielt ist sie ohnehin: Carey Mulligan gibt sich ihrer Figur mit einer Mischung aus Unbeschwertheit, Wildheit und Verletzlichkeit hin. Auch das Männertrio erledigt seine Aufgabe souverän, wobei Sturridge mit dem aufbrausenden Frank sicher die dankbarste Rolle abbekommen hat. Da auch Kostüme, Ausstattung und Landschaftsaufnahmen das Auge gut beschäftigen, ist Am grünen Rand der Welt für Fans historischer Romanzen unbedingt empfehlenswert, handelt es sich bei diesem feministisch angehauchten Vertreter doch um einen der besten der letzten Zeit. Aber auch wer zwischenmenschliche (Liebes-)Kämpfe im Allgemeinen schätzt, darf hier einmal reinschauen.



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Am grünen Rand der Welt
Fazit
Vinterbergs Ausflug in die Welt der Kostümfilme mag sich enttäuschend wenig von der Konkurrenz unterscheiden, überzeugt aber mit guten Darstellerleistungen, schönen Kostümen und Aufnahmen, sowie einer überraschend wenig idealen weiblichen Hauptfigur.
7
von 10