Approved for Adoption
© Mosaïque Films, Artémis Productions

(„Couleur de peau : Miel“ directed by Jung and Laurent Boileau, 2012)

Approved for AdoptionFernöstliche Wurzeln treffen auf westliche Kunstfertigkeiten – das galt nicht nur letzte Woche bei Samurai Champloo, wo sich Schwertkämpfer im alten Japan zu Hip-Hop-Beats die Köpfe einschlagen. Auch Teil 61 unseres fortlaufenden Animationsspecials nimmt sich dieser Kulturbegegnungen an, verbindet diese jedoch mit einer zu Herzen gehenden Geschichte. Und einer wahren noch dazu.

Der Südkoreaner Jung Sik-jun ist noch ein kleiner Junge, gerade einmal fünf Jahre alt, als er 1971 im Rahmen eines Programms von einer belgischen Familie adoptiert wird. Doch auch wenn er von den Eltern und seinen neuen Geschwistern herzlich aufgenommen wird, hadert das Waisenkind damit, nie seine leibliche Mutter kennengelernt zu haben und in einer fremden Kultur aufzuwachsen. Während er gerade mit seiner Adoptivmutter immer wieder aneckt, träumt er davon, aus allem auszubrechen und seine wahren Wurzeln zu finden.

Wenn ein nicht-japanischer Beitrag den großen Preis als bester Animationsfilm beim Japan Media Arts Festival gewinnt, da darf man schon einmal aufhorchen. Dem Belgier Jung und seinem französischen Ko-Regisseur Laurent Boileau gelang dieses Kunststück 2012 mit Approved for Adoption, der auf Jungs gleichnamiger autobiografischer Graphic Novel basiert. Es war erst das zweite Mal nach The Old Man and the Sea des Russen Alexandre Petrov, dass ein westliches Werk gewann. Wobei: Die Grenzen zwischen West und Ost sind hier fließend, tatsächlich handelt der Film genau davon, sich nirgends mehr zu Hause zu fühlen, nicht zu wissen, wohin man gehört.

Jung gelingt es dabei sehr schön und mit einer erfrischenden Offenheit, von den Identitätsproblemen eines Kindes zu erzählen, später auch des Jugendlichen, ohne sich selbst in der Opferecke positionieren zu wollen. An vielen Stellen entwickelt man vielmehr Mitleid mit den Eltern, die mit guten Absichten gestartet sind, dafür aber nicht immer etwas von dem Neuzuwachs der Familie zurückbekommen. Manchmal sind die Rebellionsversuche des Neubelgiers schreiend komisch, etwa wenn er seine japanophile Phase beginnt. Approved for Adoption kann aber auch tieftraurig werden, vor allem gegen Ende hin, ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Vielmehr werden die besonders harten Elemente geradezu beiläufig erzählt: Was bei anderen vielleicht ausgeschlachtet worden wäre, mit ewig langen Szenen und mit dramatischer Musik, ist hier nicht mehr als eine Randnotiz.

Auf der einen Seite ist das lobenswert, durch den starken Fokus auf Einzelepisoden hinterlassen die meisten von ihnen außerdem einen großen Eindruck. Es bleibt aber auf der anderen Seite auf vieles auf der Strecke, nicht einmal 80 Minuten ist die Koproduktion vierer Länder (Belgien, Frankreich, Schweiz, Südkorea) lang. Und diese Kürze ist hier tatsächlich mal schade, denn man hat den Eindruck, dass Jung noch sehr viel mehr zu erzählen gehabt hätte: persönliche Geschichten, aber auch ganz allgemeine darüber, in einer fremden Kultur großzuwerden. Immer wieder wagt er den Blick über seine Familie hinaus, um auch andere Kinder mit ganz ähnlichen Schicksalen und Erfahrungen in seine Autobiografie einzubauen.

Ein bisschen mehr wäre auch bei der visuellen Umsetzung drin gewesen. Insgesamt sind die nicht zufällig blass-gelb getönten Bilder sehr stimmungsvoll – der Originaltitel lautet Couleur de peau : Miel, auf Deutsch: Hautfarbe: Honig –, erinnern mit ihren comicähnlichen starken Schraffuren an die Werke von Bill Plympton (Mutant Aliens, Idiots and Angels), nur freundlicher und ein wenig nostalgisch, wie aus einem alten Fotoalbum entommen. Dafür sind die Bewegungen schon sehr hölzern, die Mischung aus 2D und 3D nicht immer ganz harmonisch. Ein reiner Animationsfilm ist Approved for Adoption übrigens nicht, sondern kombiniert Realaufnahmen der Gegenwart mit alten Familienfilmen, die dann in animierter Form ihre Fortsetzung finden. Das Ergebnis ist ungewöhnlich, wie der Streifen es insgesamt auch ist. Mag sein, dass der Film aus dem Grund bis heute keinen deutschen Verleih gefunden hat, man auf Importe aus Frankreich, Niederlande oder den USA angewiesen ist. Wer jedoch persönliche Geschichten schätzt, die auch ganz existenzielle Fragen streifen, der sollte sich die Mühe machen und zu einem der Importe greifen.



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In einer Mischung aus Realaufnahmen und animierten Sequenzen erzählt der belgische Comicautor davon, was es heißt, von einer Familie in einer fremden Kultur adoptiert zu werden. Das Ergebnis ist eine mal komische, mal traurige Autobiografie mit vielen interessanten Fragen zu Identität, die gerne etwas länger hätte ausfallen dürfen.
7
von 10