Auf das Leben
© Camino Filmverleih

Auf das Leben!

(„Auf das Leben!“ directed by Uwe Janson, 2014)

Auf das Leben! DVD
„Auf das Leben!“ ist seit 24. Juli auf DVD erhältlich

An Lebenskraft mangelt es der knapp 80-jährigen ehemaligen Cabaret-Sängerin Ruth (Hannelore Elsner) nicht, wohl aber an Lebensfreude und an Geld: Ihre Instrumentenwerkstatt wirft nicht genug ab, sie muss mitansehen, wie ihre Wohnung zwangsgeräumt und sie selbst in ein Heim verfrachtet wird. Dabei lernt die nie um einen sarkastischen Spruch verlegene alte Dame den 29-jährigen Möbelpacker Jonas (Max Riemelt) kennen, der sich von seiner Freundin Emily (Aylin Tezel) getrennt hat und nun in einem Kleinbus lebt. Aus dieser Zufallsbegegnung wird nach einem holprigen Start eine ungewöhnliche Freundschaft, denn Jonas erinnert Ruth an jemanden, den sie vor vielen Jahren einmal sehr geliebt hat.

Auf das Leben! lautet der Titel, eine Übersetzung des hebräischen Trinkspruchs „L’Chaim“. Viel Begeisterung für das Leben ist hier aber zunächst nicht zu spüren: Ruth verhindert durch beißenden Sarkasmus, dass ihr jemand zu nahe kommt, Jonas weigert sich mit seiner Freundin zu sprechen – auf der Flucht vor Nähe sind sie damit beide. Das wiederum macht die beiden so grundverschiedenen Menschen gleichzeitig aber auch zu Seelenverwandten, die sich im Laufe des Films näherkommen und gegenseitig Trost und Halt geben sollen.

Die Brücke zwischen den beiden stellt aber gar nicht mal so sehr ihre jeweils traurige Gegenwart dar, sondern vielmehr die Vergangenheit: Die verblüffende Ähnlichkeit von Jonas zu Ruths großer Liebe Victor – beide von Riemelt gespielt – wird hier zum Anlass genommen, ausgiebig in Erinnerungen zu schwelgen und alte Aufnahmen der Diva zu sehen. Sehr oft spielt Auf das Leben! dann auch gar nicht im Hier und Jetzt, sondern beleuchtet mit langen Flashbacks, in denen Ruth von Sharon Brauner verkörpert wird, den Weg der Sängerin weg von der gefeierten Bühne hin zu einer schäbigen Sozialwohnung ohne soziale Kontakte.

Der Hintergrundgeschichte der gealterten Jüdin, die sich nicht nur während der Naziherrschaft, sondern auch anschließend mit Antisemitismus auseinandersetzen musste, wird dann auch deutlich mehr Platz eingeräumt als der von Jonas – aus gutem Grund, denn Letztere ist in nur wenigen Minuten erzählt, wird dann auch etwas künstlich in die Länge gezogen. Allgemein versteift sich Auf das Leben! zu sehr darauf, den Zuschauer mit einem Knalleffekt und viel Geheimniskrämerei auf die Folter spannen zu wollen, was nicht nur im Ergebnis etwas konstruiert ist, sondern letzten Endes auch unnötig.

Die stärkeren Momente hat der Film nämlich gar nicht, wenn er versucht zu beeindrucken, sondern wenn er die beiden Hauptfiguren einfach machen lässt, sie zusammen mit dem Bus fahren, sich über Banalitäten unterhalten oder sich einfach nur anschauen. Das ist oft berührend, zuweilen auch unglaublich witzig, gerade Elsner als scharfzüngige Zynikerin darf hier ihr komisches Talent voll ausspielen. Wunderbar ist auch, wenn sie auf diverse Patienten einer psychiatrischen Anstalt trifft, die mit ihren hausgemachten Problemen und grotesken Heileweltsprüchen nicht nur die biestige Ruth zur Weißglut treiben. Dass der Dramateil an manchen Stellen etwas dick aufgetragen ist, fällt da nicht weiter auf, rückt glücklicherweise auch nicht oft in den Fokus. Da Auf das Leben! zudem durch die Bank gut gespielt ist, ist der Film ein typischer und empfehlenswerter Fall für Freunde leiser, nachdenklicher Geschichten.



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Eine alte, ehemalige Sängerin lernt einen obdachlosen, jungen Möbelpacker kennen – das ist manchmal etwas dick aufgetragen und konstruiert, insgesamt aber ein empfehlenswerter Film über eine ungewöhnliche Freundschaft voller leiser, zuweilen sehr komischer Momente.
7
von 10