Den Menschen so fern
© Arsenal Filmverleih

Den Menschen so fern

(„Loin des hommes“ directes by David Oelhoffen, 2014)

Den Menschen so fern
„Den Menschen so fern“ läuft ab 9. Juli im Kino

Seine Zeit in der französischen Armee liegt nun schon viele Jahre zurück, inzwischen unterrichtet Daru (Viggo Mortensen) Kinder in einem abgelegenen Dorf des algerischen Atlasgebirges. Doch der Traum von einem Leben ohne Gewalt ist 1954 vorbei, als Rebellionen im ganzen Land ausbrechen, alles auf einen neuen Krieg hindeutet. Inmitten dieser Spannungen wird Daru dazu aufgefordert, den Bauern Mohamed (Reda Kateb) zur nächsten Polizeistation zu bringen, wo er sich für den Mord an seinem Cousin verantworten soll. Zunächst weigert sich der Lehrer, den Auftrag zu erfüllen, macht sich dann aber doch gemeinsam mit dem Gefangenen auf den Weg.

Tod, Freiheit, Verantwortung – im französischen Existenzialismus Mitte des 20. Jahrhunderts wurde ganz grundsätzlich darüber nachgedacht, was den Menschen ausmacht und in welcher Beziehung er zu der Welt steht. Auch in Den Menschen so fern, welches auf der Novelle „Der Gast“ von Albert Camus beruht, werden diese Themen angeschnitten, mal mehr, mal weniger explizit. Schon die an Daru übertragene Aufgabe stellt den Pazifisten vor eine schwierige Wahl: Halte ich mich an das Gesetz und bin damit für den Tod eines Menschen verantwortlich? Oder lasse ich ihn frei und verhelfe so einem Mörder zur Flucht?

Davon ausgehend finden sich immer wieder Elemente von Camus’ Philosophie in der Geschichte wieder, meist durch die Konfrontation mit anderen Menschen. Das vorherrschende Thema ist natürlich der Krieg, sowie das Leid und die Ungerechtigkeiten, die damit einhergehen. Daru, der hier zwischen allen Fronten steht, von den Arabern als Franzose angesehen wird, von den Franzosen als Araber, wird immer tiefer in die Konflikte hineingezogen, auch wenn er alles dafür tut, sich aus allem rauszuhalten.

„Du bist am Leben“, sagt er Mohamed immer wieder, es ist das einzige, was für Daru, der als Soldat so viel Tod gesehen hat, noch eine Rolle spielt. Überzeugungen? Weltsichten? Die merkt man bei ihm kaum, so wie Daru insgesamt nur wenig als Mensch fassbar ist. Das ist zwar herausragend von Viggo Mortensen gespielt, der zudem hier sowohl im Arabischen wie auch im Französischen sein großes Sprachtalent präsentieren darf, es reicht jedoch nie so ganz, um aus ihm tatsächlich einen Charakter zu machen. Allgemein sind tiefgründige und ausgefeilte Figuren nicht unbedingt die große Stärke des Films. Mohamed darf ehrenvoller sein, als man es ihm anfangs zutraut, das war es aber auch schon. Und vom Rest erfährt man gar nichts: Kinder und Soldaten, Rebellen und Huren – sie tauchen auf und verschwinden wieder, verschluckt vom rötlichen Staub.

Aber um die Individuen geht es ohnehin nicht, vielmehr ist man – wie der Titel schon sagt – fern voneinander, der andere bleibt in der kargen Wüstenlandschaft Algeriens außer Reichweite, jeder ist hier auf sich selbst gestellt. Atmosphärisch ist das stark umgesetzt, der faszinierend-trostloser Landschaftsaufnahmen wegen, aber auch der minimalistische Soundtrack tut viel dafür, sich in dem fernen von Krisen erschütternden Land zu verlieren. Handlung gibt es in dem sehr ruhigen Westerndrama dafür nicht ganz so viel: Man reist umher, trifft andere Leute, versucht das Richtige zu tun. Doch welches das Richtige ist, wird hier offen gelassen; Darus Wunsch, sich aus allem raushalten zu dürfen, wird nicht nachgegeben, wer in der Welt unterwegs ist, kann dies offensichtlich immer nur aus einer Position heraus tun. Lohnenswert sind diese Gedankenspiele, philosophisch veranlagte Zuschauer sollten allein deshalb schon einen Kinobesuch ins Auge fassen.



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Basierend auf einer Geschichte von Albert Camus erzählt das sehr ruhige Westerndrama von der Begegnung zweier Menschen kurz vor dem Algerienkrieg. Die Landschaftsaufnahmen sind faszinierend-trostlos, hinzu kommen interessante philosophische Überlegungen. Auf eine große Handlung muss man jedoch verzichten, ebenso auf ausgefeilte Charaktere.
7
von 10