(„Kappa no Kū to Natsuyasumi“ directed by Keiichi Hara, 2007)
Der Sommer hält uns jetzt schon etwas länger mit seinen Höchsttemperaturen gefangen, was dann auch an unserem fortlaufenden Animationsspecial nicht spurlos vorübergeht. Aus diesem Grund präsentieren wir in Teil 64 die Geschichte eines fantastischen Sommers, der Fabelwesen mit einer moralischen Aussage, Witz und ein bisschen Nostalgie verbindet.
Eigentlich wollte der junge Koichi Uehara ja nur seinen Schuh zurückholen, den er übers Geländer geworfen hatte. Doch am Ufer des Kurome-Flusses wartet etwas noch viel Besseres auf ihn: ein seltsamer, eiförmiger Stein. Das zumindest ist es, wofür ihn der Schüler hält. In Wahrheit handelt es sich dabei jedoch um einen versteinerten Wassergeist, der 200 Jahre als Fossil überdauerte und nun plötzlich wieder zu Leben erwacht. Die anfängliche Begeisterung seiner Familie, das Haus mit einem echten Kappa – so der Name dieser Fabelwesen – zu teilen, wird jedoch rasch getrübt, als auch andere von dem ungewöhnlichen Gast erfahren und beginnen, das Haus der Ueharas zu belagern.
Klein sollen sie sein, von der Größe eines 3-jährigen Kindes, am Rücken einen Panzer tragen, im Gesicht einen schnabelähnlichen Mund und auf dem Kopf eine Delle, die – sofern mit Wasser gefüllt – ihnen riesige Kräfte verleihen: Kappa gehören zu den bekanntesten Fabelwesen Japans, wurden inzwischen auch zu einer Art Nationalsymbol. Gesehen haben wollen viele diese Kreatur im Laufe der letzten Jahrhunderte, woher der Glaube aber genau kam, das kann keiner wirklich sagen. Was nun, wenn ein solcher Kappa tatsächlich leben sollte, inmitten der Menschen auch noch? Diese Überlegung stand im Mittelbuch mehrerer Kinderbücher, die Masao Kogure ab 1980 geschrieben hat.
Keiichi Hara (Crayon Shin-Chan, Colorful), seit Langem ein Anhänger der Buchreihe, nahm sich ihrer an und setzte sie als Animefilm um – nicht jedoch, ohne der Geschichte seinen eigenen Stempel aufzudrücken. So dichtete der Regisseur und Drehbuchautor beispielweise Koichi eine kleine Schwester hinzu, die auf den umschwärmten Neuankömmling sehr eifersüchtig ist. Und auch die Schulfreunde gehen auf seine Idee zurück. Dadurch hat das Verhältnis zwischen dem Jungen und seinem ungewöhnlichen Freund eine zwangsläufig geringere Bedeutung als noch im Roman, dafür wird das Zusammenleben mit einem Fabelwesen von mehr Seiten aus beleuchtet.
Das geht mit einer bei Anime nicht seltenen Kritik am respektlosen Verhalten der Menschen gegenüber der Natur einher, das ein Jahr später erschiene Ponyo von Studio Ghibli verfolgte eine ähnliche Absicht. War Miyazakis Ökofabel jedoch deutlich an Kinder adressiert, gibt es bei Summer Days with Coo auch diverse sehr düstere Elemente. So wird gleich zu Beginn der Vater des auf den Namen Coo getauften Kappas von Samurais ermordet, auch später kommt es zu Gewalt. Insgesamt ist der Film dennoch gerade für jüngere Zuschauer geeignet, erzählt er doch eine fantasievolle, leicht verständliche und zugleich pädagogisch wertvolle Geschichte mit einer echten Moral. Aber auch das ältere Publikum darf hier seine Freude haben, neben Coo noch ein paar andere japanische Fabelwesen kennenlernen, einige komische Szenen sehen und dabei etwas nostalgisch an die eigenen Sommer zurückdenken, die man als Kind erlebt hat, in denen man selbst Teil von großen, nicht immer ganz realen Abenteuern war.
Weniger Freude bereitet einem die visuelle Umsetzung des Ganzen. Zwar verzichtete das Animationsstudio Shin-Ei Animation dankenswerterweise auf die immer häufiger werdnende wenig ansehnliche Mischung aus Zeichentrick und CGI-Objekten – lediglich das Wasser wurde durch den Computer berechnet, was sogar recht gut aussieht. Ein wirklicher Augenschmaus ist Summer Days with Coo dennoch nicht, dafür sind Hintergründe und Animationen zu spärlich, von den witzig gestalteten Kreaturen einmal abgesehen ist das optisch schon recht langweilig. Wer darüber hinwegsehen kann, findet hier jedoch einen sommerleichten und sympathischen Animespaß, der einem fremde Wesen näherbringt, gut unterhält und zumindest die kleineren Zuschauer auch zum Nachdenken bringen sollte.
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