(„Unfriended“ directed by Levan Gabriadze, 2014)
Alles sah nach einem ganz normalen Tag aus, als fünf Highschool-Freunde (Jacob Wysocki, Will Peltz, Moses Jacob Storm, Renee Olstead, Shelley Hennig) sich zum Skypen verabreden und ein bisschen über ihren Tag quatschen wollen. Und es wäre vielleicht auch ein ganz normaler Tag geworden, wäre da nicht ein User, der sich in ihren Chat einklinkt, den niemand kennt und den auch niemand mehr loswerden zu können scheint. Aber es kommt noch schlimmer: Der ungebetene Gast benutzt den Account einer Mitschülerin, die sich vor einem Jahr das Leben genommen hat, nachdem jemand ein peinliches Video von ihr ins Netz gestellt hat. Und eben diesen „jemand“ sucht billie227, sonst gibt es Tote.
Dass das Internet ein gefährliches Pflaster sein kann, dürften viele inzwischen selbst erkannt haben, den einen oder anderen Film zu dem Thema gab es bislang auch schon. Während aber Disconnect oder auch Homevideo eindeutig im Dramagenre beheimatet sind, statten Regisseur Levan Gabriadze und Drehbuchautor Nelson Greaves lieber dem Horrorbereich einen Besuch ab, präsentieren in Unknown User eine Mischung aus Serial Experiments Lain und Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast. Ganz neu sind die Bestandteile also nicht, aber so lange der Gruselfaktor stimmt, ist die Frage, wer’s denn nun erfunden hat, doch ziemlich zweitrangig, zumal die Zahl der Cyberschocker nach wie vor recht überschaubar ist.
Ausgerechnet hier sind jedoch die größten Schwächen von Unknown User zu finden: Der Film ist sicher vieles, spannend jedoch nicht. Das liegt zum einen daran, dass über einen langen Zeitraum eigentlich nichts passiert, sieht man einmal davon ab, dass sich die fünf und eine später hinzukommende sechste Mitschülerin gegenseitig ankeifen. Und wenn es dann nach einer Weile doch noch mal zur Sache geht, ist alles viel zu schnell vorbei, das was man sieht, ist aufgrund des geringen Budgets eher unfreiwillig komisch. Außerdem wird später so viel Dreckwäsche gewaschen, so viele furchtbar gemeine Geheimnisse – auch untereinander – aufgedeckt, dass Unknown User problemlos als Parodie auf Soap Operas durchginge.
Und doch ist der Film deutlich besser, als er sich anhört. Ein Grund ist, dass sehr viel Mühe investiert wurde, um die Gespräche und die Interaktionen unter den Jugendlichen möglichst authentisch zu machen. Und da wurde wirklich gute Arbeit geleistet: Lässt man einmal die übersinnliche Komponente weg, hat man tatsächlich das Gefühl, bei einer realen Skypeunterhaltung dabei zu sein – Emoticons, Tippfehler und ein Übermaß an Frage- und Ausrufezeichen inklusive. Sehr lobenswert ist in der Hinsicht auch die deutsche Fassung, die tatsächlich sämtliche Nachrichten, Chats und Einträge übersetzte, anstatt sie nur untertiteln zu wollen – und von denen gibt es eine ganze Menge.
Ähnlich wie Open Windows letztes Jahr besteht auch Unknown User nämlich ausschließlich aus Echtzeit-Aufnahmen von der Desktopoberfläche. Und wie dort sorgte man durch ständige Wechsel von Bildelementen – Skype, Facebook, Musikprogramm – für eine gehörige Portion Hektik. Das reicht nicht wirklich, um die maue Geschichte auszugleichen, die gleichzeitig vorhersehbar und hanebüchen ist, aber wir verdanken dem formal interessanten und rasanten Ansatz immerhin, dass keine größeren Längen auftreten. Außerdem darf man dankbar sein, wenn eine Found-Footage-Ästhetik – selbst wenn sie wie hier streng genommen keine ist – mal nicht losgelöst vom Thema verwendet wird, sondern ein integraler Bestandteil davon ist.
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