(„Utopia – Season 2“ directed by Marc Munden and Sam Donovan, 2014)
Seit nunmehr 5 Monaten befindet sich Jessica Hyde (Fiona O’Shaughnessy) in der Gewalt von Mr. Rabbit (Geraldine James). Doch was man von ihr wissen will, hat sie noch nicht preisgegeben. Allerdings ist sie auf sich allein gestellt. Auf die Hilfe ihrer ehemaligen Mitstreiter kann sie sich nicht verlassen. Diese haben zurzeit ihre eigenen Probleme. Nachdem Becky (Alexandra Roach) aufgrund ihrer Krankheit geflohen ist, versteckt der sich zu Tode langweilende Ian (Nathan Stewart-Jarrett) den frustrierten und sich ebenfalls langweilenden Grant (Oliver Woolford) in seiner Wohnung. Zur selben Zeit schafft es Arby (Neil Maskell) ein halbwegs normales Leben zu führen. Jedenfalls bis ihn seine Vergangenheit, in Form von Lee (Paul Ready), wieder einholt. Früher oder später werden sich die Wege der Protagonisten wieder kreuzen. Und währenddessen werden sie noch die ein oder andere Überraschung erleben.
Es war schon erstaunlich, wie qualitativ hochwertig die erste Staffel von Utopia, einer vergleichsweise kleinen Fernsehserie, die auf Channel 4 ausgestrahlt wurde, war. Noch verblüffender ist es, dass die Serie in England jetzt schon Kultstatus genießt (auch wenn das Wort ‚Kult‘ heutzutage nicht gerade selten in den Mund genommen wird). Am erstaunlichsten ist es jedoch, dass die zweite Staffel von Utopia das Niveau von Staffel 1 quasi mühelos halten kann. Zwar besinnt man sich auch hier auf die schon gezeigten Stärken, doch man hat auch den Mut etwas Neues mit einzubauen. Schon die erste Folge zählt zu einem der Highlights in der zweiten Staffel. Als Zuschauer bekommt man hier über knapp 50 Minuten einen sehr ausführlichen Rückblick geliefert, der nicht nur die gesamte Vorgeschichte zur ersten Staffel erläutert, sondern auch das Verhalten einiger Charaktere rechtfertigt, beziehungsweise ergründet. Zudem ist diese Episode liebevoll aufgemacht. Das Geschehen wird hier im Look des alten 8mm Heimkino-Format auf den Bildschirm gebracht.
Die visuellen Spielereien sind damit aber noch lange nicht beendet. Breite Kameraeinstellungen und der Einsatz von starken Farben sind in diesem Fall nur die Spitze des Eisberges. Die zumeist grellen Farben stehen dazu noch in einem starken Kontrast zu der düsteren Zukunftsvision, um die es in der Handlung hauptsächlich geht. Klingt komisch, ist aber ein wunderbares Paradoxon, das wie so manch andere stilistische Mittel nicht sofort ins Auge springt. So erschafft man einen schönen Unterton, der den Zuschauer nicht nervt, ihn aber auf seiner gesamten Reise begleitet. Ein solcher Kontrast findet sich auch bei den Figuren wieder. Einige von ihnen sind so normal, dass man denken könnte, sie seien wahllos aus dem Leben gegriffen worden. Andere sind sind wiederum total abgedreht und psychisch angeschlagen. Nichtsdestotrotz entwickelt man Sympathien zu einigen Charakteren, eben weil sie total normal, total irre oder total überzeichnet sind.
Diese verschiedensten Figuren begleitet man dann durch die Handlung, welche immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchte wird. So eröffnen sich ständig neue Handlungsschauplätze, es tun sich aber auch immer wieder neue Probleme und neue Gefahren auf. Gegen Ende kommen sich alle Handlungsstränge nahe, ehe sie sich schlussendlich kreuzen. Nachdem das gesamte Geschehen in einem rasanten Tempo zu einem überzeugenden Ende gelangt ist, stellt sich wenigstens für eine kurze Zeit ein bisschen Befriedigung ein. Würde die letzte Folge auch nur 5 Minuten früher enden, wäre alles abgeschlossen und alle Fragen wären beantwortet gewesen. Aufgrund einer offenen Handlung hätte man keine Träne um eine nicht realisierte dritte Staffel vergossen. Doch wegen diesen letzten par Minuten bleibt das Ende eben doch offen und man sehnt sich geradezu nach einer weiteren Staffel, die es leider nicht geben wird.
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