(„About A Girl“ directed by Mark Monheim, 2014)
Warum muss das eigentlich alles immer so kompliziert sein? Der 15-jährigen Charleen (Jasna Fritzi Bauer) reicht es, die Perspektivlosigkeit, die Belanglosigkeit, die Lustlosigkeit. Der Freitod soll sie endlich von allem befreien und den Musikern näherbringen, die sie so sehr bewundert. Doch der Selbstmord schlägt fehl: Statt Himmel und Rock’n’Roll wartet erst einmal das Krankenhaus und eine Therapie auf sie. Noch dazu wird sie jetzt auf jeden Schritt und Tritt von ihrer Familie beobachtet: von ihrer Mutter Sabine (Heike Makatsch), deren Freund Volker (Simon Schwarz) – der zu allem Überfluss auch noch Charleens Lehrer ist –, sogar ihr Vater Jeff (Aurel Manthei) taucht plötzlich wieder auf. Nur zwei Lichtblicke gibt es in diesem drögen Alltag: Oma Emmi (Dorothea Walda), die sie als einzige versteht. Und dann wäre da noch der seltsame Einzelgänger Linus (Sandro Lohmann), dem sie immer wieder in der Therapiepraxis begegnet und der vielleicht doch nicht so doof ist, wie er immer wirkt.
Wenn Menschen ihrem Leben vorzeitig ein Ende setzen, ist das meist tragisch, umso mehr, wenn es sich dabei um sehr junge Menschen handelt. Darüber einen Film zu drehen, einen deutschen obendrein, das schreit geradezu nach dick aufgetragenen Betroffenheitsdramen, bei denen zusammen mit dem Kinoticket noch eine Packung Taschentücher ausgeteilt wird. Nicht so bei About A Girl: Regisseur und Ko-Autor Mark Monheim nimmt einen verpatzten Selbstmordversuch zwar als Anlass, um viel über das Leben und den Tod nachzudenken, über Schicksalsfindung und das Glück, tut dies aber mit einer großen Portion schwarzem Humor, bissigen Dialogen und einem Sinn fürs Morbide und Fantastische.
Wird man auf diese Weise dem Thema gerecht? Daran werden sich die Geister scheiden, denn eine richtige Hilfestellung für selbstmordgefährdete Jugendliche findet weniger statt, es wird zwar das Leben gefeiert, aber immer nur im Kleinen und über Umwege. Kompliziert bleibt für Charleen bis zum Schluss alles, immerhin lernt sie dabei aber, dass es durchaus Positives gibt, wenn man die Augen offen hält. Das ist vielleicht nicht die ganz große Erkenntnis, so wie About A Girl insgesamt auch recht gradlinig ist, sich bei aller Skurrilität an einen bewährten Handlungsaufbau hält, in einigen Punkten wie der obligatorischen Omi-ist-die-Beste-Aussage auch vor Klischees nicht zurückschreckt. Und auch nicht vor der deutschen Unart, jede wichtige Szene und alles darunter mit aufdringlichem Powerpop unterlegen zu wollen.
Und doch ist Monheims Langfilmdebüt unterhaltsam und charmant, was gerade auch auf die erlesene Besetzung zurückzuführen ist: Sandro Lohmann gibt den kauzigen und doch irgendwie liebenswerten Klassenstreber, Simon Schwarz die verständnisvolle Vertrauenslehrerkarikatur, Heike Makatsch die hibbelige Möchtegern-Übermutter, die mit der Situation völlig überfordert ist. Aber über allem thront natürlich Jasna Fritzi Bauer, die schon in Ein Tick anders und Scherbenpark die Rolle des kratzbürstigen und altklugen Teenagers verkörpern, hier dann – mit 26 Jahren – perfektionieren durfte. Nachteil: Auch deshalb beschleicht einen das Gefühl, vieles hier doch schon woanders gesehen zu haben, die große Überraschung bleibt da aus.
Die gibt es allenfalls in den etwas verschrobenen Einfällen zwischendurch: Wenn Charleen Fotos toter Tiere sammelt oder ihr Therapeut mit etwas unorthodoxen Methoden den Teenager zur Räson zu bringen versucht, erinnert das vereinzelt an die Kultserie Dead Like Me. Deren Brillanz wird zwar nicht erreicht, dafür sind Figuren und Geschichte dann doch zu gewöhnlich, immerhin darf man sich aber auf witzige Auseinandersetzung freuen, diverse schöne Traumsequenzen und eine immer wieder gern gesehene Coming-of-Age-Romanze zwischen zwei verkorksten Außenseitern.
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