Hamatora
© cafe Nowhere/Hamatora Project

(„Hamatora: The Animation“ directed by Seiji Kishi and Hiroshi Kimura, 2014)

Hamatora
„Hamatora: The Animation“ ist seit 31. Juli komplett auf DVD und Blu-ray erhältlich

Wer ein Minimum Holder ist, dem stehen alle Türen offen, verfügen diese doch über unglaubliche Superkräfte. Ein Garant für Erfolg ist das Privileg jedoch nicht, wie man an dem Beispiel von Nice und Murasaki sieht, deren Detektei in Yokohama mehr schlecht als recht läuft. Geld ist bei dem Team grundsätzlich Mangelware, ihr „Büro“ besteht lediglich aus einem Tisch in einem Café. Während sie sich so von Fall zu Fall hangeln, hält gleichzeitig eine Mordserie die Stadt in Atem. Jemand scheint sich einen Spaß daraus zu machen, eben solche Minimum Holder zu suchen, zu töten und ihnen das Gehirn zu entfernen.

Der Trend geht in Japan inzwischen ja zu Multimediaprojekten. Basierten Anime früher häufiger auf Manga oder auch mal auf einem Buch, so werden die zunehmend gleichzeitig auf den Markt geworfen. Siehe Hamatora, das es in anderthalb Jahren zu einem Manga, einer mehrteiligen Serie, zu Videospiel, Light Novel, Theaterstück und bald auch einem Film geschafft hat. Nun darf auch Deutschland ran, sowohl die Mangafassung wie auch die erste Staffel des Anime, der inhaltlich an die Comicversion anschließt, sind mittlerweile auf Deutsch erhältlich. Und zumindest die Prämisse war interessant, machte neugierig darauf, was da denn kommen mag.

Die ersten Folgen sind dabei auch ziemlich launig geworden, verbinden Mystery mit Krimi, dazu gibt es effektvolle Kämpfe und ein bisschen Humor. Mit der Zeit verschiebt sich der Fokus jedoch, gerade das Aufklären der Fälle rückt immer mehr in den Hintergrund. Wer sich angesichts einer Detektei Whodunnits, Rätselknacken oder wenigstens Spurensuchen erhofft, geht später fast völlig leer aus, Hamatora will kein Agatha Christie’s Great Detectives Poirot and Marple sein. Dafür wird die Komik stark auf-, manchmal auch überdreht: Die Superkräfte und Figuren werden immer absurder, wenn wir einem Kloputzmonster begegnen, sind wir plötzlich ganz nahe an einer Parodie à la Samurai Flamenco.

Gleichzeitig nimmt sich die Serie aber durchaus ernst, geizt nicht mit Blut, später auch nicht mit weinerlichem Pathos: Auf den letzten Metern meinte man noch, unbedingt eine große Aussage mit hineinpacken zu wollen, Hamatora wird zu einem flammenden Plädoyer für Akzeptanz. Mit dem Ton der ersten Hälfte hat das nur wenig zu tun und ist zudem mehr als nur eine Schicht zu dick aufgetragen, sodass die freiwillige Komik der ersten Hälfte zu einer unfreiwilligen übergeht, auch die Mysteryelemente sind an der Stelle fast völlig verschwunden.

Immerhin versuchte man, den starken Einsatz von Klischees durch einige inhaltliche Wendungen zu durchbrechen (darunter einer brillanten), hörte aber so urplötzlich nach einer weiteren auf, dass der ersten Staffel kein richtiges Ende vergönnt ist. Cliffhanger zum Zwecke der Kundenbindung schön und gut, ganz so sehr im Regen sollte man seine Zuschauer dann aber doch nicht stehen lassen. Immerhin ist die zweite Staffel mit dem Titel Re:_Hamatora bereits fertig. Und auch wenn ein deutscher Home Release derzeit noch nicht angekündigt ist, dank des Streaminganbieters Crunchyroll kann man sie schon jetzt legal und kostenlos sehen.

Die audiovisuelle Umsetzung bedeutet ebenso wie die Geschichte Licht und Schatten in einem. Die Regisseure Seiji Kishi (Devil Survivor 2, Angel Beats!) und Hiroshi Kimura setzen zusammen mit dem noch jungen Animationsstudio NAZ (Dramatical Murder) auf eine Mischung aus Zeichnungen und viel Computer. Die fotorealistischen Hintergründe sind dabei zuweilen seltsam verschwommen, was aber mit dem stimmungsvollen Licht und diversen Filtern richtig stylisch ist. Betont cool wird es aber auch, wenn plötzlich nur noch psychedelische Farben zu sehen sind, Hamatora sein ansonsten auf Details bedachtes Äußeres durch einen Comiclook ersetzt. Dazu gibt es atmosphärische Musik von Makoto Yoshimori (Baccano!, Durarara!!), die mit Retro-Jazz-Klängen das Geschehen untermalt. Richtig aus einem Guss ist das nicht, so wie der Serie allgemein eine klare Linie fehlt und auch deshalb ihr großes Anfangspotenzial frustrierend wenig genutzt wird. Solide Unterhaltung bieten die zwölf Folgen aber schon.



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Mal eine Superheldenparodie, dann wieder ein Mysterykrimi, zum Schluss auch noch pathetisches Drama – „Hamatora“ kann sich oft nicht entscheiden, was es sein will, auch bei der Optik gibt es keine durchgehende Linie. Solide Unterhaltung hat die Animeserie am Ende schon zu bieten, das Potenzial des vielversprechenden Anfangs wird später aber vergeudet.
6
von 10