(„Himmelverbot“ directed by Andrei Schwartz, 2015)
Ja“ lautet seine Antwort auf die Frage, ob er bereit für sein Leben da draußen wäre. Aber auch: „Ich weiß nicht, was mich da erwartet.“ 21 Jahre saß Gabriel Hrib für Doppelmord im Gefängnis, als Strafe dafür, eine Staatsanwältin umgebracht zu haben, die ihn für seinen jüdischen Glauben verhöhnt hatte. Lebenslänglich lautete das Urteil ursprünglich, eine vorzeitige Entlassung soll dem Verbrecher jedoch eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglich.
Himmelverbot interessiert sich dann auch mehr für das Leben danach, weniger das davor. Als riesige Dummheit bezeichnet Gabriel seine Tat von damals, sehr viel mehr wird nicht über die Umstände erzählt – aus gutem Grund, wie sich zum Ende herausstellt. Auch das Thema, ob und wie sehr er sein Verbrechen bereut, wird hier größtenteils ausgeblendet, was manchmal den Eindruck erweckt, als wäre der mit dem Mörder befreundete Regisseur Andrei Schwartz ein bisschen zu nachsichtig.
Interessanter sind aber ohnehin Gabriels Versuche, wieder Fuß zu fassen, eine Arbeit zu finden, ein normales Leben zu führen. 10 Euro bekommt er zu seiner Entlassung ausgehändigt, als Starthilfe. Dass damit nicht viel anzufangen ist, weiß jeder: er selbst, die Behörden, der Zuschauer. Auch sonst gibt es keinerlei Hilfe, allein schon weil es keinerlei Konzept gibt, wie man überhaupt Menschen zurück in die Gesellschaft bekommt. Woran natürlich die implizite Frage anschließt: Was sind die Alternativen? Ist es überhaupt die Aufgabe des Staates sich darum zu kümmern? Die Frage von Verantwortung, sowohl seitens der Obrigkeit wie auch der Familie wird gestreift, wie bei so vielem hier.
Das ist irgendwo auch das Problem von Himmelverbot: Es gibt so vieles, über das es sich hier zu reden lohnte. Da wären die persönlichen Aspekte, etwa was eine jahrzehntelange Isolation aus einem Menschen macht. Es gibt die ethische Dimension sowohl auf die eigene Tat bezogen, aber auch auf das Umfeld. Wie gehe ich damit um, wenn ein Familienmitglied jemanden getötet hat? Ein bisschen psychologisch wird es auch, als der Film in die Vergangenheit reist, versucht Gabriels Vater als Mensch zu rekonstruieren und welchen Einfluss er noch immer auf den erwachsenen Mann hat. Und zu guter Letzt steht natürlich auch Rumänien als ein Land im Mittelpunkt, das sich als Teil der EU dem Westen angenähert hat, ohne jedoch ganz dort anzukommen, noch immer seinen Platz im Hier und Jetzt sucht.
Zu einem wirklichen Ergebnis kommt der Film jedoch nirgends, auch schon wegen der vergleichsweise bescheidenen Laufzeit von anderthalb Stunden wird hier alles angesprochen, ohne ein Ergebnis vorweisen zu können. Offen bleibt daher, was genau Himmelverbot eigentlich als Thema verfolgte, was der Zuschauer aus dem Gezeigten mitnehmen soll. Diese Ziellosigkeit macht die ansonsten spannende Dokumentation manchmal etwas frustrierend, immer wenn man gerade denkt, eine feste Richtung wird eingeschlagen, kündigt sich schon die nächste Kurve an. Aus dem Grund sollte man den Fußstapfen Gabriels nicht folgen, um darin Antworten zu finden – die gibt es wenn nur im eigenen Kopf oder in anschließenden Gesprächen.
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