(„Shaun the Sheep Movie“ directed by Richard Starzak and Mark Burton, 2015)
Auch wenn unser fortlaufendes Animationsspecial eher unbekanntere und ältere Titel zum Fokus hat, manchmal darf auch ein aktueller Blockbuster nicht fehlen – zumindest wenn er so charmant ist wie Teil 69 diese Woche.
Tagein, tagaus der gleiche Trott, das hält doch das stärkste Schaf nicht aus! Also fasst Shaun einen Beschluss: Zusammen mit seinen Freunden will er den Farmer ins Land der Träume schicken und währenddessen auch mal ein bisschen das Leben genießen. Der erste Teil des Plans klappt, der zweite weniger. Dummerweise setzt sich der Wohnwagen, in dem ihr Herrchen sein Schläfchen hält, nämlich in Bewegung und landet am Ende in der großen, weiten Stadt. Also bleibt Shaun und den anderen Schafen nichts anderes übrig, als ihm hinterherzureisen und zurückzuholen – wer soll ihnen sonst ihr Futter geben?
Wer hätte wohl gedacht, dass die 1995 in Wallace & Gromit – Unter Schafen eingeführte Nebenfigur Shaun seinen Übervätern mal den Rang ablaufen würde? Während der verschrobene Erfinder und sein couragierter Hund seit Wallace & Gromit – Auf Leben und Brot im Jahr 2008 kaum noch zu sehen sind, wurde die Serie um das gewitzte Schaf zu einem Dauerbrenner und zog ihrerseits mit Timmy das Schäfchen ein Spin-off nach sich. Nun also der Film. Aber kann das gut gehen? Knapp anderthalb Stunden mit Inhalt füllen zu müssen, ist dann doch noch mal etwas anderes als sieben Minuten, vor allem wenn diese überhaupt keine Dialoge enthalten.
Um sicherzugehen, dass der Charme der Vorlage den Sprung auf die große Leinwand übersteht, durften hier zwei alte Bekannte ran: Richard Starzak – vorher unter dem Namen Richard Goleszowski bekannt – war Mitschöpfer der Shaun-Serie gewesen, und hatte vorher auch schon bei der Aardman-Serie Creature Comforts Regie geführt. Mark Burton wiederum war an dem Drehbuch von Wallace & Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen beteiligt. Angesichts dieser geballten Expertise konnte nichts mehr wirklich schief gehen, tat es am Ende auch nicht.
Tatsächlich bietet Shaun das Schaf – Der Film all das, was wir zuvor bei den britischen Knetmassemeistern lieben gelernt haben. Die Kreativität und die Liebe zum Detail, die hier in die Figuren gesteckt wurde, lässt ein Großteil der heute am Computer entstandenen Animationsfilme alt aussehen – trotz der vermeintlich altmodischen Stop-Motion-Technik. Selbst die Animationen sind auf oberstem Niveau, wenn Shaun und seine Kumpanen durch die Stadt tollen, dann geschieht das in einer Flüssigkeit, die man angesichts des Materials kaum für möglich gehalten hätte und bei der man gar nicht so genau wissen will, mit wie viel Arbeit das verbunden sein muss.
Inhaltlich ist der Film, wie auch die zugrundeliegende Serie, jedoch recht simpel und auf ein jüngeres Zielpublikum zugeschnitten. Durch den Verzicht auf Dialoge, sieht man einmal von komischen Tiergeräuschen ab, muss sämtlicher Humor über die Optik transportiert werden – das Ergebnis sind einfache Slapstickeinlagen, die an vergangene Stummfilmzeiten erinnern. Das funktioniert zwar, ist an manchen Stellen aufgrund der liebenswürdigen und witzig gestalteten Tiere sogar schreiend komisch, erreicht aber nicht durchgängig die Brillanz der frühen Wallace & Gromit Werke, die neben absurden Einfällen auch skurrile Figuren zu bieten hatten. Bei Shaun das Schaf fehlen solche, zu einem echten Charakter wird hier kaum jemand.
Kurzweilig ist der Ausflug in die große Stadt jedoch, das Tempo ist hoch, ein paar kleine satirische Spitzen und Anspielungen sorgen für Abwechslung, es gibt weder aufgesetzte Morallektionen noch eine triefende Rührseligkeit, wie man sie gerade in amerikanischen Produktionen oft findet. Shaun das Schaf – Der Film, das bedeutet guter, alter, etwas harmloser Spaß, ein unschuldiges und ungemein charmantes Herumalbern, das einen an die eigene Kindheit erinnert. Auch wenn frühere Produktionen der Aardman Studios insgesamt einen stärkeren Eindruck hinterließen: Wer selbst Nachwuchs hat oder im Herzen ein Kind geblieben ist, der kommt um den Film nicht herum, für Fans der Serie oder ausgefeilter Animationstechnik ist Shauns erstes großes Abenteuer ohnehin ein Muss.
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