(„The Pale Horse“ directed by Charles Beeson, 1996)
Wenn man es nicht selber tut: Als Mark Easterbrook (Colin Buchanan) zur falschen Zeit am falschen Ort ist, wird er irrtümlich für den Mörder des Priesters Gorman gehalten, dem jemand im Schatten einer Gasse den Schädel eingeschlagen hat. Da sämtliche Unschuldsbeteuerungen bei der Polizei auf taube Ohren stoßen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als selbst das Verbrechen aufzuklären. Die Suche nach dem wahren Täter führt ihn zu einer Reihe von vermeintlich natürlichen Todesfällen und einem vermeintlich übernatürlichen Hexentrio, das im Haus „The Pale Horse“ lebt und über Leben und Tod bestimmt.
Gibt es schwarze Magie? Wer sind die drei alten Frauen? Woran sind diese Leute gestorben? Der 1961 erschienene Roman „Das fahle Pferd“ begibt sich auf für Agatha Christie recht ungewohnte Pfade, indem hier übernatürliche Kräfte ins Spiel kommen – beeinflusst angeblich durch die seinerzeit beliebten Okkult-Thriller von Dennis Wheatley. Bei der Krimikönigin wird das Element natürlich aber nur als falsche Fährte eingesetzt, dass es am Ende doch alles wieder ganz anders kommt, ist hier quasi Pflicht. Aber wie, wo und wann, das darf hier fleißig mitgerätselt werden.
Die Idee hinter The Pale Horse ist dann auch tatsächlich recht clever, die Morde sind gleichzeitig originell wie auch nachvollziehbar. Wer genau aufpasst und ein bisschen über Details nachdenkt, hat trotz mehrerer Handlungsstränge sogar gute Chancen, selbst auf die Lösung zu kommen. Und das ist bei einem Christie-Krimi bekanntermaßen alles andere als selbstverständlich. Lediglich die größere Anhäufung von „Zufällen“ ist etwas anstrengend, auf den aus anderen Filmen bekannten Humor muss man hier hingegen verzichten.
Apropos andere Filme: Im Gegensatz zu den früheren TV-Adaptionen von den ITV Studios (Warum haben sie nicht Evans gefragt?, Das Geheimnis der 7 Zifferblätter) zeigte man dieses Mal wenig Skrupel, die literarische Vorlage Christies etwas umzuschreiben. Einige Nebenfiguren fehlen, zum Beispiel Ariadne Oliver, die in mehreren Büchern auftauchte. Der größte Unterschied ist aber, wie Easterbrook mit dem Fall in Berührung kommt: Ursprünglich erfährt der junge Mann recht zufällig von den mysteriösen Todesfällen, hier wird er à la Hitchcock zu einem unschuldig Verfolgten, der seiner selbst willen die Wahrheit aufdecken muss. Vielleicht war man der Ansicht, dass ansonsten die Motivation für die Mördersuche zu schwach war, man nicht wieder einen abenteuerlustigen Amateurdetektiv wie bei den obigen Filmen wollte. Gebraucht hätte es das nicht, geschadet haben diese und andere Änderungen aber auch nicht.
Die Ausstattung ist ordentlich, wenn auch wenig überragend. Anders als viele Christie-Verfilmungen, die in der Vergangenheit spielen und teilweise auch als Kostümfilme durchgingen, war der Roman aus den 60ern gegenwärtig. Bei The Pale Horse bemühte man sich dann auch nicht, eine bestimmte Epoche nachbilden zu wollen, das schöne dörfliche Flair der Miss-Marple-Reihe aus den 80ern braucht man ebenfalls nicht zu erwarten. Das macht die Produktion von 1996 natürlich austauschbarer, was durch die etwas nichtssagenden Figuren noch verstärkt wird. Immerhin sind diese aber sympathisch, als Projektionsfläche für die Mörderjagd reicht es. Vielleicht war es auch diese tendenzielle Austauschbarkeit, weshalb der Fernsehfilm es nicht nach Deutschland schaffte. Wer aber zu der UK-Import-DVD greift, den erwartet ein launiger Krimi der alten Schule, der einen rund 100 Minuten gut unterhält.
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