Sicario
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Sicario

(„Sicario“ directed by Denis Villeneuve, 2015)

Sicario
„Sicario“ läuft ab 1. Oktober im Kino

Ihre Arbeit als FBI-Agentin fordert Kate Macer (Emily Blunt) einiges ab. Doch auch wenn sie und ihr Team immer wieder Erfolge feiern, es sind am Ende nur die Symptome, die sie bekämpfen, nicht die Ursachen. Eine dieser Ursachen ist Manuel Diaz (Bernardo P. Saracino), ein wichtiger Mann im mexikanischen Drogenkartell. Um diesen zu schnappen, lässt sie sich auf gemeinsame Ermittlungen mit dem Geheimdienstler Matt Graver (Josh Brolin) und dem mysteriösen Söldner Alejandro (Benicio Del Toro) ein. Je näher sie ihrem Ziel kommen, je mehr Kate über die Hintergründe erfährt, umso schwieriger wird die Aufgabe, umso größer die Zweifel daran, wer hier eigentlich noch auf der Seite des Rechts steht.

Nach dem paranoiden Doppelgängerthriller Enemy und dem moralisch ambivalenten Entführungsmonster Prisoners durfte man gespannt sein, welches Thema der kanadische Regisseur Denis Villeneuve wohl für seinen neuesten Streich aussuchen würde. Die Filmfestspiele in Cannes dieses Jahr gaben die Antwort, die mit einen Monaten Verspätung nun auch Deutschland erreicht. Und es ist eine Antwort, die umwerfend und enttäuschend zugleich ist.

Enttäuschend deshalb, weil der Inhalt im Vergleich zu den beiden Vorfilmen sehr viel weniger interessant ist. Dieses Mal werden keine spannenden Fragen gestellt, keine seltsamen Rätsel aufgegeben, stattdessen ist Sicario ein recht gradliniger Film über den schmutzigen Kampf gegen das übermächtige Drogengeschäft. Sicher, durch die allmähliche Auflösung von Gut und Böse wird eifrig am Lack von FBI und CIA gekratzt. Das jedoch haben auch schon viele andere zuvor getan, zudem schreckt die Geschichte nicht vor allerlei Klischees zurück, die man in der Form wohl nicht von dem außergewöhnlichen Filmemacher erwartet hätte.

Und auch die etwas überraschende Entscheidung, hier eine Frau an die vorderste Front zu schicken, will nur teilweise überzeugen. Emily Blunt, die zuvor schon in Looper und Edge of Tomorrow die toughe Protagonistin geben durfte, spielt gewohnt intensiv die Rolle der aufrechten Einzelkämpferin inmitten der Wölfe. Brolin als selbstgefälliger Kollege und vor allem Del Toro, der den geheimnisumwitterten früheren Staatsanwalt darstellt, sind nicht minder gut besetzt. Am Ende ist Macer aber allen Versuchen zum Trotz nur eine hübsche Marionette, die der Form halber mit den großen Jungs auf die Jagd darf, wenig zu tun oder zu sagen bekommt. Als Sympathieträger und Identifikationsfigur funktioniert das natürlich prima, schließlich werden die meisten hier ihren Frust und ihr Unverständnis teilen. Eine starke Frauenfigur sieht aber anders aus, im testosterongeschwängerten Umfeld bleibt ihr nicht mehr als die Rolle der harmlosen Beobachterin.

Die gute Nachricht jedoch ist, dass diese inhaltlichen Schwächen nicht übermäßig auffallen, zu eindrucksvoll und teuflisch spannend ist der Kampf gegen das Drogenkartell inszeniert. Schon der Auftakt, wenn sich Macers Einheit bei ihrem Einsatz schreckliche Bilder bieten, raubt einem als Zuschauer den Atem. Und das gilt auch später, als die schwarzen Vans der Einheit durch die schmutzig-blassen Straßen brettern, untermauert von wuchtigen Bassklängen. Immer wieder schießt das Adrenalin in Sicario in die Höhe, viel Gelegenheit zur Ruhe gibt es da nicht. Wie auch, wenn man sich selbst innerhalb seines Teams nie wirklich sicher fühlen darf? Kurzweilig ist Villeneuves Ausflug in den Mainstream daher ohne Zweifel, die zwei Stunden Laufzeit des Thrillers wird man nur an wenigen Stellen merken. Und im Gegensatz zu den beiden sperrigen Thrillern des Kanadiers taugt dieser hier auch für den großen Publikumserfolg.



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Denis Villeneuves Film über einen schmutzigen Anti-Drogen-Kampf ist trotz einer weiblichen Hauptrolle inhaltlich weniger interessant als seine beiden letzten Werke. Dafür stimmen die überwältigende Inszenierung und die sehr gute Besetzung, „Sicario“ bietet zwei Stunden Spannung auf hohem Niveau.
8
von 10