(„Sweet Home“ directed by Rafa Martínez, 2015)
Romantisch soll es sein und nicht viel kosten: Als Alicia (Ingrid García Jonsson) für ihren Freund Simon (Bruno Sevilla) eine kleine Geburtstagsüberraschung vorbereiten will, sind die Optionen arg eingeschränkt. Glücklicherweise hat sie als Immobilienmaklerin jedoch Zugang zu einem heruntergekommenen Haus, in dem außer einem älteren Herrn schon längst niemand mehr lebt. Die Freude darüber, endlich einmal ungestört zu sein, währt jedoch nicht lange, als das Paar erfährt, dass besagter Herr von drei maskierten Männern ermordet wurde und sie mit dem tödlichen Trio nun in dem Haus eingesperrt sind.
Eines muss man dem spanischen Regisseur und Ko-Autor Rafa Martínez lassen, das ist schon ein recht ungewöhnliches Szenario, das er hier präsentiert. Home Invasion, das bedeutet im Horror-/Thrillerbereich üblicherweise, dass eine unbescholtene Familie von einer Reihe finsterer Gestalten in eigenen Zuhause belagert wird. In Sweet Home ist das anders: Die Guten und Bösen sind hier gleichermaßen Eindringlinge, haben nichts in dem Haus verloren. Und wenn es nach dem überraschten Paar ginge, die Unbekannten dürften die Bruchbude ja ganz für sich alleine haben – nur kommen sie nicht mehr heraus, da der Eingang zugesperrt ist.
Der Mangel eines Heimvorteils und der versperrte Ausweg sorgen im Vergleich zur großen Genrekonkurrenz dann auch für eine ganz andere Dynamik, die Auseinandersetzungen der beiden folgt zur Freude übersättigter Zuschauer keinen festgelegten Bahnen. Die geänderten Rahmenbedienungen haben jedoch einen hohen Preis: Richtig viel Sinn ergibt das Ganze hier nicht. Schon die Entscheidung von Alicia, ausgerechnet in der vergammelten Immobilie den Geburtstag feiern zu wollen, leuchtet einem nicht so ganz ein. Und je weiter der Film fortschreitet, umso zahlreicher werden die Unstimmigkeiten und Absurditäten.
Schade ist zum Beispiel, dass Alicia und Simon im einen Moment über ein beispielloses Improvisationstalent, enorme Cleverness und sehr viel Fingerfertigkeit verfügen, den Zuschauer kurz drauf aber schon wieder durch eine ebenso ausgeprägte Dümmlichkeit zur Weißglut treiben. Und diese Unausgegorenheit ist bei Sweet Home Programm: Die Sprache wechselt dauernd und absolut unmotiviert zwischen Englisch und Spanisch, da sind Fenster aus unbekannten Gründen zugemauert, einer der Gegner später entpuppt sich als überprofessioneller Psychopath. Abgerundet wird der Reigen an Kuriositäten durch zahlreiche doch sehr forcierter Zufälle.
Als Komödie wäre das vielleicht noch durchgegangen, an manchen Stellen fragt man sich dann auch, ob Sweet Home nicht vielleicht doch als solche gemeint war. Dafür aber sind die Bilder zu düster: Wenn der Horrorthriller in einer Disziplin überzeugt, dann bei der Optik – ob die gelegentlichen Außenaufnahmen, das verwinkelte Innere, die vereinzelten Überreste früherer Bewohner, da hat man sich hier doch recht atmosphärische Schauplätze ausgesucht und in blass-dunkle Farben getaucht. Das allein reicht jedoch nicht, um auch tatsächlich Spannung zu generieren. Und das ist dann auch das größte Manko des Beitrags vom Fantasy Filmfest 2015: Er ist recht langweilig. An Brutalität mangelt es zwar nicht, gerade gegen Ende hin wird deutlich, warum der Film nur eine Freigabe ab 18 erhielt. Nur verpuffen diese Szenen wieder und wieder, ohne Eindruck zu hinterlassen. Was hier an Kreativität in seltsame Einfälle gesteckt wurde, hätte der Streifen an anderer Stelle dringender gebraucht, trotz einer Laufzeit von nicht einmal 80 Minuten hat die spanisch-polnische Koproduktion mit deutlichen Längen zu kämpfen.
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