(„The Invitation“ directed by Karyn Kusama, 2015)
Zwei Jahre sind es nun schon, die sie sich nicht mehr gesehen haben, seitdem sie unglücklich auseinandergegangen sind. Ganz wohl ist Will (Logan Marshall-Green) dann auch nicht bei dem Gedanken, seine Ex-Frau Eden (Tammy Blanchard) zu treffen, ihren neuen Ehemann David (Michiel Huisman) kennenzulernen, der alten Clique zu begegnen. Nach außen hin scheint alles in bester Ordnung zu sein, Eden und David schweben nach ihren Erfahrungen in einer Selbsthilfegruppe in Mexiko auf Wolke sieben. Nur Will hat mit den alten Wunden zu kämpfen, vermutet dass hinter der strahlenden Fassade etwas Finsteres vor sich geht und das Ehepaar mit seiner Dinnerparty ganz andere Ziele verfolgt als ein fröhliches Wiedersehen.
Zurück zu den Independent-Anfängen hieß es für die amerikanische Regisseurin Karyn Kusama, nachdem ihre Filmadaption der Kultzeichentrickserie Aeon Flux bei Kritikern und Publikum gefloppt war und auch Jennifer’s Body nicht unbedingt auf große Gegenliebe stieß. The Invitation ist nun wieder deutlich kleiner, ohne große Effekte oder aufwendige Kulissen: Nahezu der gesamte Film wurde innerhalb Edens Haus gedreht. Zwar wechseln wir mal zusammen mit Will das Zimmer, laufen zwischenzeitlich auch durch den Garten, ein Großteil spielt sich jedoch im Wohnzimmer ab, was dem Film etwas Kammerspielartiges gibt.
Auch sonst setzt Kusama sehr viel auf Reduktion, über weite Strecken ist ihr vierter Langfilm eine sehr ruhige Angelegenheit, in der nicht viel passiert. Was The Invitation an Handlung fehlt, macht der Thriller jedoch durch Spannung wett. Äußerst geschickt wird hier lange offen gelassen, was denn nun wirklich im Haus des Ehepaars vor sich geht. Verfolgen die beiden ungute Ziele? Oder ist das alles nur Einbildung? Indem das gesamte Geschehen sehr nahe an dem psychisch angeknacksten Will bleibt, fehlt dem Zuschauer der neutrale Blick, für jede seiner Beobachtungen gibt es eine alternative rationale Erklärung, die nicht unbedingt weniger plausibel ist.
The Invitation ist aber nicht nur Thriller, sondern auch ein sehr persönliches Drama. Will, Eden, David, auch einige der Gäste – sie alle haben traurige, teils traumatische Erfahrungen hinter sich. Wenn sich das ehemalige Paar gegenüber steht, dann als zwei Menschen, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, jedoch völlig unterschiedlich damit umgegangen sind. Was diese Vergangenheit ist, auch das wird zunächst verschwiegen, was nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, eher für Verwirrung sorgt denn für Atmosphäre. Auch der Schluss, der dann doch wieder Genreerwartungen entsprechen will und später etwas groteske Ausmaße annimmt, hätte in der Form nicht wirklich sein müssen.
Ansonsten aber ist Kusama ein wunderbarer kleiner Film gelungen, der gekonnt zwischen spannenden und bewegenden Momenten wechselt, sensibel gespielt und auch interessant inszeniert ist: In der einen Einstellung ganz nah dran, später weit weg verschwinden die Menschen schon mal im verschwommenen Hintergrund. Umgekehrt wachsen Ess- und Geschirrgeräusche zu einem ohrenbetäubenden Lärm heran, der veranschaulicht, wie überfordert Will mit der Situation ist. Und auch davon, ein normales Leben zu führen, loszulassen, glücklich zu sein. Wer den Beitrag vom Fantasy Filmfest 2015 seinerzeit verpasst hat, darf sich freuen, dass der inzwischen einen deutschen Verleih gefunden hat und am 15. April 2016 hierzulande erscheint.
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