(„Letnie przesilenie“ directed by Michal Rogalski, 2015)
1943 ist Polen schon seit einigen Jahren von den Deutschen besetzt, die Sicherheitspolizei soll dafür sorgen, dass alles bester Ordnung ist. Darunter befindet sich auch der junge Guido (Jonas Nay), der eigentlich viel zu jung für den Dienst ist, aber für das Hören entarteter Musik in das Dorf strafversetzt wurde. Während er sich als Küchenhilfe herumplagt, begegnet er der schönen Polin Franka (Urszula Bogucka). Aber Guido ist nicht der einzige, der an ihr Gefallen findet, auch Romek (Filip Piotrowicz), der als Heizer in einer Lok arbeitet, würde gerne mit der Jugendlichen anbändeln.
Kriegsfilme, das bedeutet mutige Helden, tückische Gegner, spannende Schlachten. Nicht so bei Unser letzter Sommer. Es gibt Antagonisten in Form sadistisch veranlagter Befehlshaber, auch Waffen und Uniformen sind ständig zu sehen. Ansonsten ist der Krieg weit weg, als würde er gar nicht existieren; im Mittelpunkt des Geschehens stehen keine muskelbepackten Hünen, sondern eine Gruppe Jugendlicher, die versuchen, inmitten dieser düsteren Zeiten einfach nur Jugendliche zu sein.
Der Titel bezieht sich dann auch nicht – wie man vielleicht denken könnte – darauf, wie Menschen während des Krieges ihr Leben verlieren. Es ist die Unschuld, die im Laufe von 100 Minuten getötet wird. Vor dem Hintergrund sonnendurchfluteter Landschaftsaufnahmen erzählt Regisseur und Drehbuchautor Michal Rogalski von der Sehnsucht: Sehnsucht nach einem festen Platz, Sehnsucht nach Freiheit, Sehnsucht nach dem anderen Geschlecht, nach Zuneigung. Immer wieder erweckt der polnische Filmemacher dabei den Eindruck, dass am Ende vielleicht doch alles gut geht. Gerade wenn die Jugendlichen aufeinandertreffen, Musik hören und tanzen, verblasst das schreckliche Drumherum, der durch die Nationalität und die Situation vorgegebene Graben scheint verschwunden.
Doch diese Idylle wird immer wieder zerstört durch einzelne Szenen, die daran erinnern, was da draußen in der Welt vor sich geht und deutliche Fremdkörper in dem ansonsten sehr ruhigen Film sind. Es musste dabei nicht unbedingt der Zweite Weltkrieg sein. Der gibt zwar thematisch einiges vor, dahinter verbergen sich aber deutlich universellere Geschichten, die in der Form in vielen Ländern, zu vielen Zeiten hätten stattfinden können. Das ist an mancher Stelle auch ein kleiner Nachteil, Unser letzter Sommer sucht so stark nach allgemeinen Bildern, dass Beliebigkeit und Klischee manchmal nicht weit entfernt sind. Während Rogalski seine jungen Protagonisten eben nicht als reine Helden porträtiert, sondern als gewöhnliche Menschen mit kleinen Makeln, bleiben die Randfiguren ohne eigene Note, ohne Persönlichkeit.
Am Ende ist der Film deshalb dann doch „nur“ ein vergleichsweise gewöhnliches Coming-of-Age-Drama, eines das davon erzählt, in einer unmenschlichen Zeit zu einem Erwachsenen heranzureifen. Das macht es jedoch gut, einfühlsam und mit dem Blick für die kleinen Momente versetzt Rogalski sich und den Zuschauer in seine Figuren, lässt mit ihnen die Gefühlswirren dieses Lebensabschnittes erleben. Da dies auch noch authentisch von den diversen Nachwuchsschauspielern verkörpert wird, ist Unser letzter Sommer ein kleiner, unspektakulärer, aber eben auch überzeugender Film geworden, den man sich als Liebhaber vergleichbarer Entwicklungsgeschichten durchaus mal ansehen sollte.
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