(„Anger Management – Season 2“, 2014)
Eines muss man Charlie Goodson (Charlie Sheen) ja lassen: In seinem Leben ist immer etwas los. Wenn er nicht gerade seinen beiden Therapiegruppen hilft, ihre jeweiligen Wutanfälle in Griff zu bekommen, oder mit seiner Kollegin Dr. Jordan Denby (Laura Bell Bundy) an einer Sexstudie arbeitet, betreibt er ganz gerne Feldforschung. Und meistens ist das andere Geschlecht auch nicht abgeneigt, mit dem ehemaligen Baseballspieler ins Bett zu steigen. Wäre da nur nicht sein Nachbar Sean Healy (Brian Austin Green), der ebenfalls jede attraktive Frau angräbt, der er über den Weg läuft.
Anger Management, das ist die Geschichte einer Serie der ständigen Verschiebungen, was die Bedeutung von Figuren angeht. Nachdem beim letzten Mal schon Dr. Kate Wales (Selma Blair) unsanft aus der Sitcom katapultiert wurde, sind es nun Charlies Exfrau Jennifer (Shawnee Smith) und die gemeinsame Tochter Sam (Daniela Bobadilla), welche plötzlich nicht mehr auftauchen – was besonders kurios ist, da Jennifers Ex Sean nun zum Hauptcast gehört. Und auch Charlies Vater Martin, der von Sheens eigenem Vater Martin Sheen gespielt wird, taucht in den 24 Episoden von Staffel 4 (die in den USA noch zur 90 Folgen langen Staffel 2 gehört) kaum mehr auf. Warum das so ist, wird nicht verraten, aber das mit der Ensemble-Kontinuität hat die Serienautoren ja ohnehin nie sonderlich interessiert.
Immerhin auf das erweiterte Ensemble ist Verlass, die eigentlichen Stars sind die durch und durch verkorksten Mitglieder von Charlies Therapiegruppe: die männerverschlingende, stark luxusbedürftige Lacey (Noureen DeWulf), der sarkastische Möchtegern-Modedesigner Patrick (Michael Arden), der ständige zugedröhnte Nolan (Derek Richardson) sowie der homophobe und rassistische Rentner Ed (Barry Corbin). Wenn die Serie die Lacher auf ihrer Seite hat, dann sind meistens die vier irgendwo mit dabei. Inzwischen ist das Quartett so etabliert, dass es nicht nur in jeder Folge einen Auftritt hat, immer wieder bekommen sie eigene Handlungsstränge spendiert, die völlig unabhängig von Charlie laufen. Einer davon zieht sich auch bereits seit Staffel 3 durch, wer diese nicht gesehen hat, wird anfangs einiges von der Dynamik hier nicht verstehen. Aber auch das war von Anfang an ein Markenzeichen von Anger Management: Einsteigerfreundlich ist die Serie schon seit Staffel 2 nicht mehr so richtig.
Und das ist insofern verwunderlich, als dass der Anspruch der Sitcom ansonsten äußerst gering ist, der Humor manchmal so flach, dass es schon die eingespielten Lacher braucht, um zu verstehen, dass das gerade ein Witz hätte sein sollen. Insgesamt ist Staffel 4 in der Hinsicht auch eher enttäuschend. Richtig genutzt wird das skurrile Ensemble diesmal nicht, die Gags wiederholen sich zu sehr. Das ist besonders stark bei dem Haupttrio Charlie, Sean und Jordan zu merken, die sich ständig im Kreis drehen. Viel zu oft läuft es darauf hinaus, dass Charlie einer schönen Frau begegnet, sie sofort mit ihm Sex will – ohne dass genau klar würde warum – sie dabei aber irgendeine Macke zeigt. Das mag dem Ego Sheens schmeicheln, aus Zuschauersicht ist das auf Dauer aber doch recht wenig, Anger Management zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen. Anschauen kann man sich das zwischendurch sicher, als Fan wird man noch immer seinen Spaß haben. Der war früher aber schon mal höher gewesen.
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