Office

(„O Piseu“ directed by Won-Chan Hong, 2015)

OfficeEs scheint ein Tag wie jeder andere im Leben von Kim Byung-guk (Bae Seong-woo) zu sein. Bis dieser abends von der Arbeit nach Hause kommt, seine Familie brutal ermordet und anschließend verschwindet. Auf der Suche nach Hinweisen macht Polizist Choi Jung-hoon (Park Sung-woong) auch im Büro des Flüchtigen Halt. Dort kann sich keiner die Tat wirklich erklären, am Arbeitsplatz zumindest war nichts von alledem zu merken. So übereinstimmend sind die Aussagen der Kollegen, dass Choi bereits die Befragung abschließen will. Dann jedoch begegnet er der zurückhaltenden Praktikantin Lee Mi-Rye (Ko Ah-Sung), die ein etwas anderes Bild des Büros zeichnet. Als dann auch noch die ersten Angestellten ermordet aufgefunden werden, ist klar: Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu, da steckt mehr hinter der Geschichte.

Dass in Südkorea zwischenmenschlich teilweise mit harten Bandagen gekämpft wird, haben uns schon zahlreiche Filme gezeigt. Auch Office nimmt dieses Thema auf und verlegt es an einen nicht ganz so häufig porträtierten Tatort: der Arbeitsplatz. Lange dauert es hier nicht, bis Choi – und mit ihm dem Zuschauer – dämmert, dass der Alltag von Kim nicht ganz so rosig war, wie ihn die anderen gerne darstellen würden. Die Zahlen sind entscheidend, der Mensch ist nichts, in dem Büro wird alles und jeder dem Profit untergeordnet, das Ansehen muss nach außen hin unter allen Umständen gewahrt werden. Vor allem im ersten Drittel ist das stark umgesetzt, wenn sich persönliche Schicksale mit einer Kritik am unmenschlichen Umgang miteinander einhergehen: In Office sind Erniedrigungen an der Tagesordnung, jeder tritt und schikaniert, wo er kann.

Was ein kraftvolles, satirisch angehauchtes Drama hätte werden können, will gleichzeitig aber auch in den etwas härteren Genres zu Hause sein. Schon der Einstieg, wenn Kim auf seine Familie losgeht, übt sich nicht unbedingt in Zurückhaltung. Auch später finden die Figuren einen grausamen Tod, kaum einer wird geschont. Das wäre prinzipiell auch in Ordnung, ist zunächst auch relativ spannend. Nur fielen Regisseur Won-Chan Hong keine wirklichen Alternativen zu seinem Schema ein: Es läuft fast immer darauf hinaus, dass einer der Büroleute abends – aus welchem Grund auch immer – alleine bei der Arbeit ist, den Eindruck gewinnt, doch nicht ganz alleine zu sein, und dann aufgeschreckt hochschaut, wenn der Tod vor ihm oder ihr steht.

Wer genau dahintersteckt, wird möglichst lang geheim gehalten, auch ob da irdische oder andere Kräfte am Werk sind. Sonderlich überraschend ist das Ende dennoch nicht, einigermaßen genreaffine Zuschauer werden recht früh die Auflösung vorherahnen. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass diese plausibel ist. Plausibel ist an Office nur sehr wenig. Auch darüber mag man hinwegsehen, wirklich belohnt wird man für diese Nachsicht jedoch nicht. Denn irgendwo ist es schon schade, wenn nicht sogar ausgesprochen ärgerlich, dass die positiven Ansätze und auch die insgesamt überzeugend spielenden Darsteller so leichtfertig vergeudet werden: Der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2015 schlingert unentschlossen zwischen mehreren Genres hin und her und begräbt zum Schluss seine gute Absicht unter absurdem Splatter, der weder passend, nachvollziehbar noch spannend ist.



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Was als atmosphärisches starkes und gut gespieltes Drama über Mobbing am Arbeitsplatz beginnt, wird später zu einem unentschlossenen Thriller. Auch das ist zunächst noch spannend, auf Dauer aber ist „Office“ zu gleichförmig, ist gleichzeitig zu vorhersehbar und übertrieben.
5
von 10