(„Das Hotelzimmer“ directed by Rudi Gaul, 2014)
Mit ihren Büchern feiert Agnes Lehner (Mina Tander) schon länger große Publikumserfolge, dank ihres neuesten Werkes liegen ihr nun auch die Kritiker zu Füßen. Darin berichtet die Autorin von einer fatalen Konfrontation in einem Hotelzimmer. Dass ein Journalist sie nun ausgerechnet in einem Hotelzimmer interviewen will, kommt für sie dann auch nicht wirklich überraschend. Es ist aber kein normales Interview, das Agnes dort erwartet. Vielmehr verfolgt Lukas Schmidt (Godehard Giese) dabei ein ganz anderes Ziel. Und dieses hängt mit einem Ereignis zusammen, das viele Jahre zurückliegt.
Ein Hotelzimmer-Interview über ein Hotelzimmer-Buch, das klingt erst einmal nach einem netten Gag für die Zuschauer. Diese Dopplung ist gleichzeitig aber auch symptomatisch für den zweiten Spielfilm des Regisseurs und Drehbuchautors Rudi Gaul: die Geschichte in der Geschichte, wo hört die eine auf, wo fängt die andere an? Das weiß man hier so genau. Scheinen die Dinge in dem einen Moment klar, sind sie im nächsten wieder verworren, wenn nicht sogar auf den Kopf gestellt.
Teilweise ist das sehr interessant, wie der deutsche Thriller mit den Erwartungen spielt, Wendungen einbaut, einen immer wieder ins Leere laufen lässt. Das tut er inhaltlich, natürlich, aber auch durch eine äußere Welt verschieben sich hier ständig die Parameter. Genauer ist es ein Objekt, so unscheinbar, so vermeintlich neutral, das alles durcheinanderbringt: die Kamera. Mit dem Fortlaufen des Films verändert sich ihre Rolle, weg vom einfachen Chronisten zu einem Mitwisser, bis sie am Ende die Wahrheit nicht festhält, sondern diese bestimmt.
Aber gibt es sie überhaupt, diese Wahrheit? Das ist eine Frage, die beide während des zunehmend intensiveren Psychoduells stellen, sich selbst wie auch dem anderen. Unentwegt wird an dieser herumgeschraubt, geleugnet, neu erzählt, bis keiner mehr so recht weiß, was von ihr zu halten ist. Das kann etwas frustrierend sein aus Zuschauersicht, da die definitiven Antworten fehlen, man auch nach dem Filmende nicht wirklich sagen kann, was davon denn nun gestimmt hat, was verdrängt, was eingeredet wurde. Manchmal drängt sich auch der Eindruck auf, dass Wendungen eher aus Prinzip eingefügt wurden, weniger weil es Gaul um die Geschichte an sich ging. So richtig glauben will man das Ganze dann doch nicht, zu sehr ist es an den Haaren herbeigezogen. Schon dass beide 30-Jährige darstellen sollen, nimmt man nicht ab, wie so einiges hier.
Ein weiteres Problem ist, dass Das Hotelzimmer zwischenzeitlich auch mit Längen zu kämpfen hat. Nachdem man sich daran gewöhnt hat, dass der Film ganz gerne die Richtung wechselt, wartet man darauf, was nun der nächste Schritt ist. Doch der lässt auf sich warten, die Gespräche drehen sich viel im Kreis, nichts geht mehr. Was hoch spannend begonnen hat, ist später ein wenig träge, zumal der bis zuletzt gleichbleibende Schauplatz des Hotelzimmers naturgemäß keine Abwechslung zulässt. Dennoch ist der Kammerspiel-Thriller für alle Freunde von Verwirrspielen eine lohnenswerte Angelegenheit, was auch der Besetzung zu verdanken ist. Das Duo spielt selbst dann noch intensiv und glaubwürdig, wenn es dessen Handlungen nicht mehr sind; das sich ununterbrochen verschiebende Machtgefüge allein ist es wert, über die gelegentlichen inhaltlichen Schwächen hinwegzusehen.
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