(„Garm Wars: The Last Druid“ directed by Mamoru Oshii, 2015)
Einst war der Planet Annwn von acht Stämmen bevölkert, nach einer langen Zeit des Krieges sind jedoch nur drei davon übrig geblieben. Durch eine Verkettung von Zufällen finden sich je ein Mitglied dieser drei Überbleibsel auf einer gemeinsamen Reise wieder: die Columba-Kriegerin Khara (Melanie St-Pierre), der Briga-Soldat namens Skellig (Kevin Durand) und der Kumtak-Älteste Wydd (Lance Henriksen). In ihrer Begleitung sind der letzte der Druiden und ein heiliger Hund, das Ziel ist das Land der Druiden, wo sich das Trio Antworten auf seine existenziellen Fragen erhofft.
Wenn nach den besten und einflussreichsten Anime-Regisseuren gesucht wird, fallen oft die Namen der Studio-Ghibli-Granden Hayao Miyazaki (Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland) und Isao Takahata (Die letzten Glühwürmchen), von Satoshi Kon (Perfect Blue, Millennium Actress), von Osamu Tezuka (Astro Boy). Und natürlich auch der von Mamoru Oshii, der mit Werken wie Ghost in the Shell, Patlabor und Angel’s Egg Geschichte schrieb. Während die ersten vier Großmeister verstorben oder in Rente sind, dreht Oshii auch weiterhin fleißig Filme. Leider kehrte er dabei aber dem Anime-Bereich den Rücken zu, seit The Sky Crawlers 2008 folgten fast ausnahmslos Realfilme.
Auch Garm Wars, seine erste englischsprachige Produktion, setzt auf reale Schauspieler anstatt auf gezeichnete Figuren, bettet diese jedoch in einen computergenerierten Hintergrund. Diese sind dann auch tendenziell der einzige, dafür umso gewichtigere Grund, die fremde Welt von Annwyn einmal selbst erleben zu wollen. Zusammen mit seinem bewährten Animationsstudio Production I.G zaubert er überwältigend schöne Landschaften auf den Bildschirm. Sind diese in westlichen Werken üblicherweise betont realistisch gehalten oder versuchen das zumindest, ist die Atmosphäre hier ungleich traumartiger.
Das sanfte Licht, welches sich wie eine Decke über alles Geschehen legt, die ausgebleichten Farben, all das verstärkt den Eindruck, nie ganz da zu sein. Die japanischen Einflüsse sind dabei zu jeder Zeit deutlich zu spüren und verschmelzen mit den sphärischen Klängen des Komponisten Kenji Kawai zu einem audiovisuellen Kunstwerk, in dem man nur allzu gern verloren geht. Selbst zum Schluss hin, wenn die Geschichte eine dramatischere und düstere Wendung nimmt, schwebt man noch selig dahin, von dem eigentlich allgegenwärtigen Kriegsschecken ist nur wenig zu spüren.
Das liegt aber auch daran, dass Garm Wars sich mehr in Worte verliebt, denn in Taten. Wirklich viel schlauer wird man durch die zahlreichen Dialoge jedoch nicht, sie begnügen sich mit Anspielungen und philosophischen Kontemplationen. Beides ist man von Oshii gewohnt, seine pazifistischen und existenziell motivierten Überlegungen finden sich schließlich in vielen seiner Filme. Hier jedoch verpasst er es, dem Ganzen auch einen tragenden dramaturgischen Rahmen zu geben. Die fremden Welten, die ausgeprägten Mythologien, die seltsamen Wesen, all das scheint hier nur ein Mittel zum Zweck zu sein, um sich einem fortwährenden Bewusstseinsstrom hinzugeben.
Das wird nicht jedem gefallen, wird so manchen Zuschauer durch seine sparsame Handlung langweilen, andere aufgrund der zum Teil undurchdringlichen Textpassagen frustrieren – von der kuriosen Idee, einen Basset zu einem heiligen Wesen zu erklären, mal ganz abgesehen. Ist man jedoch empfänglich für derlei latent esoterische Trips, darf man sich den wirren Ausschweifungen von Garm Wars hingeben und anderen fremden Traumwelten einmal einen Besuch abstatten.
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