(„Shurayukihime“ directed by Toshiya Fujita, 1973)
Der Lebensweg von Yuki (Kaji Meiko) war schon vorgezeichnet, da war sie noch einmal auf der Welt. In einem Gefängnis geboren, wurde sie von ihrer Mutter Sayo Kashima (Miyoko Akaza) zu dem einzigen Zweck geboren, Rache an all den Menschen zu üben, die ihre Familie ins Unglück gestürzt haben. Zwanzig Jahre wurde sie anschließend von einem Schwertmeister darauf vorbereitet, diese Aufgabe zu erfüllen. Als sie dann schließlich so weit ist, macht sie sich auf die Suche nach den Peinigern von einst. Das Ziel ist klar: Sie alle sollen sterben für das, was sie anderen zuvor angetan haben.
Wenn Ihnen dieser Film gefällt, dann könnte Ihnen vielleicht auch jener gefallen … In manchen Fällen hat man bereits eine Idee, was einen in den kommenden anderthalb Stunden erwartet, wenn man berücksichtigt, wer für die Empfehlung verantwortlich ist. So bei Lady Snowblood, der bereits 1973 erschienenen Verfilmung eines Mangas von Kazuo Koike (Lone Wolf & Cub). Kein geringerer als Quentin Tarantino hat sich nämlich als großer Fan geoutet, ließ sich bei Kill Bill auch von dem japanischen Streifen inspirieren. Wer diesen zuerst gesehen hat und erst danach hier reinschaut, der wird auch sehr vieles wiedererkennen: Ob es das Motiv der Rache ist, die äußerst blutigen Auseinandersetzungen, die Schauplätze, selbst einzelne Szenen – Tarantino hat sich schon sehr großzügig bei dem Vorbild bedient.
Und doch ist Lady Snowblood kein Tarantino. Während sich Letzterer darin gefällt, aus der Filmgeschichte zusammenzuklauben, zu zitieren und zu überzeichnen, steht die Mangaverfilmung nicht nur für sich, sie will auch eine ernste Geschichte erzählen und dafür ernstgenommen werden. Das funktioniert jedoch nur zum Teil. Das Leben von Yuki ist natürlich tragisch, verschwendet an ein Pflichtgefühl und ohne Möglichkeit, diesem zu entkommen. Von Geburt an verlief alles mehr oder weniger automatisch, die junge Frau ist nur ausführendes Organ, keine selbständige Person. Das macht die Figur gleichzeitig aber auch nur mäßig interessant. An einzelnen Stellen scheint sie kurz innezuhalten und über das Geschehen nachzudenken, ansonsten ist sie nie mehr als eine Funktion.
Natürlich sind tiefsinnige Geschichten und ausgefeilte Charaktere nicht unbedingt der Standard bei Rachefilmen. So lange die Actionszenen überzeugen, braucht es den Rest oftmals nicht. An dieser Stelle ist Lady Snowblood aber ein Opfer seines Alters. Lustige Geräusche, wenn ein Schwert sein Ziel trifft, Fontänen von dickem und offensichtlich künstlichen Blut, die alles unter einer dicken Schicht begraben, das war seinerzeit vielleicht noch State of the Art. Heute jedoch wäre das maximal in einem Low-Budget-Trashfilm noch möglich, nicht bei einem düsteren Epos. Spannend sind die Kämpfe da nicht, sind so unglaubwürdig, dass sie eher zum Lachen anregen, weniger zum Fingernägelkauen. Von der Eleganz heutiger Martial-Arts-Filme ist man ohnehin sehr weit entfernt.
Und das ist schade, denn außerhalb der grotesken Kämpfe überzeugt Lady Snowblood gerade durch seine Bilder. Vor allem die häufigen Schneeszenen – Yuki ist das japanische Wort für Schnee – sind kunstvolle Kompositionen mit interessanten Blickwinkeln und starken farblichen Kontrasten. Auch die beiläufig eingeflochtenen historischen Kontextelemente tun einiges dafür, um den Film von seiner Genrekonkurrenz zu unterscheiden. Ansonsten aber hat man es hier mit einem Streifen zu tun, der schon sehr von seinem Klassikerstatus lebt. Und natürlich davon, eine Frau als Rächerin einzusetzen, Jahrzehnte bevor Hollywood die Anziehungskraft weiblicher Actionhelden für sich entdeckt hat. Die kürzlich erschienene Blu-ray ist daher ein guter Anlass, um ein bisschen Filmgeschichte nachzuholen. Mit heutigen Maßstäben beurteilt, bleibt es aber bei einem nur soliden Auftritt.
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