Sauerkraut
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(„Sauerkraut“ directed by Iwan Daskalow and Slav Bakalov, 1992)

Sauerkraut
„Sauerkraut“ ist seit 11. Dezember auf DVD erhältlich

Das Dorf Sauerkraut trägt seinen Namen nicht umsonst, schließlich wurde hier seinerzeit das Geheimrezept für die schmackhafte Mahlzeit erfunden. Bis heute gibt es für die Bewohner deshalb nichts Größeres, als eine Portion davon – oder auch mehrere – mit einem Bier zu verputzen. Vor allem Bürgermeister Eberle setzt sich sehr für das kulinarische Kulturgut ein, für dessen Verbreitung, für dessen Verspeisung. Während hier größtenteils alle einer Meinung sind, kommt es in anderen Bereichen regelmäßig zu Konflikten und Streitigkeiten.

Tierische Protagonisten sind im Animationsbereich nicht gerade eine Seltenheit. Doch die Art und Weise, wie sich hier das gesamte Dorf aus den unterschiedlichsten Arten zusammensetzt, das hat dann schon Seltenheitswert. Der Bürgermeister ist ein Schwein, die Ärztin ein Fuchs, der Dorfmusikant ein Hahn, der Polizist ein Hund, die Lehrerin eine Schildkröte. Und der sprachunfähige Dudu, so etwas wie der Dorftrottel, ist eine Mischung aus Schaf, Ente und einer anderen Tierart, die man nicht so recht erkennen kann. Mehrere Vertreter einer Art gibt es nur innerhalb der Familie, ansonsten hocken alle auf unterschiedlichen Ästen des Stammbaus.

Wieso die Tierarten zusammenwohnen, wird nicht erklärt, ist aber auch Nebensache. Denn eigentlich verhalten sie sich doch recht menschlich, gehen in Wirtshäusern ein und aus, sind von Geldsorgen geplagt, fahren Autos. Das ist auch ein bisschen das Anliegen des Bilderbuchautors und Illustrators Helme Heine, der die Idee für die Serie hatte: Sauerkraut ist zwar in erster Linie für Kinder gedacht, funktioniert oft aber auch als Parodie auf das typisch deutsche Bürgertum. Wenn sich das im bayerischen Dialekt sprechende Obermachoschwein Eberle dagegen wehrt einer Frau das gesundheitliche Wohl seines Dorfes zu übertragen und dafür der Bedienung regelmäßig in den Ausschnitt starrt, dann schwingt da eine nicht ganz versteckte Kritik an patriarchischen Gesellschaftsstrukturen mit.

Witzig ist aber auch die zweite Kuriosität des Dorfes: Bossi, ein Berlinerisch sprechendes Krokodil, welches die Wirtschaftsmacht von Sauerkraut repräsentiert. Und damit das auch so bleibt, denkt sich das Reptil unentwegt die absurdesten Methoden aus, um seinen Mitbürgern das Geld aus den Taschen zu ziehen. Das gehört zu den Höhepunkten der Serie, ebenso die teils sehr eigenartigen Träume der Dorfbewohner, mit denen viele der insgesamt 13 Folgen beginnen. Ansonsten aber ist die deutsche Produktion nur mäßig komisch, die Gags sind simpler Natur, wiederholen sich auch stark; vor allem Dudu kratzt mit der Zeit doch recht erfolgreich an den Nerven.

Ein vergessener Klassiker ist Sauerkraut insgesamt dann auch weniger, aber zumindest eine nette Unterhaltung für zwischendurch. Vor allem ist sie schön gestaltet: Die Figuren zeigen deutlich, dass Heine von Haus aus Illustrator ist, man hat an vielen Stellen den Eindruck, eine bewegte Magazinseite vor sich zu haben. Die Hintergründe wurden mit Aquarell gemalt, sind entsprechend starr, manchmal auch ein bisschen schief, aber doch sehr stimmungsvoll und mit einem ganz eigenen Flair. Seit Kurzem ist die Serie komplett und günstig auf DVD erhältlich, was natürlich in erster Linie für Fans eine gute Nachricht ist. Aber auch Neulinge, die etwas mit satirisch angehauchten Kinderserien anfangen können, dürfen einmal reinschauen.



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Tierisch gut ist „Sauerkraut“ trotz seiner Protagonisten zwar nicht, bietet aber doch nette Unterhaltung mit einigen Seitenhieben auf eine typisch deutsche Dorfgemeinschaft und stimmungsvollen Aquarellhintergründen.
6
von 10