„I„Ich glaube, meine Familie mochte mich nicht. Sie haben mir damals einen lebendigen Teddybären in die Wiege gelegt.“ Es ist einer der frühen Witze von Woody Allen, irgendwann aus den 60ern, als er begonnen hatte, selbst auf die Bühne zu gehen. Aber er könnte ihn genauso gut auch heute erzählen, mit der für ihn so typischen trockenen Art und der depressiv-verschrobenen Anmutung. Schließlich ist es das, wofür man ihn am besten kennt. Oder etwa doch nicht? Dass seine Kindheit nicht die glücklichste war, das hat der heute vor 80 Jahren – also am 1. Dezember 1935 – in New York geborene Filmemacher nie bestritten. Ansonsten war aber nie so ganz klar, wo bei ihm Mensch und Figur verschmelzen. Schon der Name ist nicht „echt“, geboren wurde er zumindest als Allan Stewart Konigsberg. Den änderte er mit 17 in Heywood Allen, später dann in Woody – in Anlehnung an sein Idol Woody Herman, der wie er Klarinette spielte. Und diese Liebe zur Musik, spezielle dem Jazz wurde ebenfalls zu einem Markenzeichen, bei Auftritten wie auch Filmen, etwa seiner Hommage an die Swing-Ära in Sweet and Lowdown.
Und doch war es nicht diese Liebe, die ihm den Weg in die Unterhaltungsindustrie ebnete, sondern sein Talent für komische Geschichten. Gerade einmal 15 Jahre war er, als er begann, Witze aufzuschreiben, mit 19 wurde er von dem Fernsehsender NBC eingeladen, an einem Autorenprogramm teilzunehmen und später auch für sie zu schreiben. Was er tat – oft, umfangreich und sehr erfolgreich. Mit Anfang 20 verdiente er bereits 1.500 Dollar die Woche, schrieb für zahlreiche Komiker und Fernsehsendungen, für Comics, später auch für Magazine wie „The New Yorker“. Wer wie er anderen lustige Worte in den Mund legt, für den sollte es eigentlich kein Problem sein, auch selbst Witze zu erzählen. Tatsächlich aber war Allen alles andere als überzeugt von dem Gedanken, auf die Bühne zu gehen und vor anderen aufzutreten. Sein Manager Jack Rollins war es, der ihm die Idee ans Herz legte. Ein solches fasste sich der Schreiberling jedoch erst, als er den Auftritt von Mort Sahl sah, der mit seiner beiläufigen, alltäglichen Art satirisches Neuland betrat und Allen inspirierte. Während dieser Zeit festigte sich dann auch Allans Bühnenpersönlichkeit des unsicheren Intellektuellen, der das Leben kommentiert.
Und auch der Weg ins Kino führte bei Woody Allen erst einmal über die Schreibmaschine: Was gibt’s Neues, Pussy? markierte sein Debüt sowohl als Drehbuchautor wie auch als Filmschauspieler. Regie führte jedoch der Brite Clive Donner, was er nach Allens Ansicht so schlecht machte, dass dieser beschloss in Zukunft alle Drehbücher gleich selbst zu verfilmen. Und das waren nicht wenige: Weit über 40 Filme hat er inzwischen inszeniert, darunter Klassiker wie Annie Hall, Manhattan oder Hannah und ihre Schwestern. Hinzu kommen eine Reihe von Werken, in denen er „nur“ als Schauspieler auftrat. Und auch jetzt, während andere längst ihr Rentendasein genießen, kommt höchst verlässlich jedes Jahr ein neues Regiewerk hinzu: Woody Allen ist eine Institution, die man vielleicht nicht immer mögen muss, eine Filmwelt ohne mag man sich aber auch nicht vorstellen. Kann es auch gar nicht.
Dem Komödiengenre blieb er während seiner 50-jährigen Schaffenszeit über weite Strecken treu, wenngleich seine anfänglich sehr von Slapstick geprägten Werke später zunehmend auch dramatische Züge annahmen. Dabei fühlte er sich dem europäischen Kino immer stärker verbunden, verunlimpfte gern die Glitzerwelt Hollywoods, feierte stattdessen die neurotische Mittelschicht seiner Heimat New York. Die Traumfabrik liebte ihn dennoch, nominierte ihn 24 Mal für den Oscar, darunter 16 Mal als Drehbuchautor – so viel wie kein anderer in der Geschichte des Filmpreises. Und auch wenn in den letzten Jahren öffentlich rauf und runter diskutiert wurde, ob der Altmeister nicht längst seine beste Zeit hinter sich hat und langsam einmal abtreten sollte, so straft er seine Kritiker doch immer mal wieder Lügen. Für die romantische Komödie Midnight in Paris durfte er 2012 seinen vierten Oscar in Empfang nehmen, auch Blue Jasmine über den Abstieg einer ehemaligen High-Society-Dame wurde von Rezensenten und Publikum mit offenen Armen empfangen. Und es sollte schon mit dem Teufel zugehen, wenn an der Stelle schon Schluss wäre. To be continued …
Film ab: Unsere Woody-Allen-Rezensionen im Überblick
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