(„Code 37 – Season 1“ directed by Jakob Verbruggen and Joël Vanhoebrouck, 2009)
Einen neuen Vorgesetzten zu bekommen, ist nie besonders einfach. Dass im bislang männerdominierten Dezernat für Sexualdelikte im belgischen Gent aber plötzlich eine Frau das Sagen hat, das setzt dem Ganzen die Krone auf. Zudem hat Hannah Maes (Veerle Baetens) keine Probleme, ihre Kollegen Charles Ruiters (Marc Lauwrys), Kevin Desmet (Gilles Deschryver) und Bob De Groof (Michael Pas) regelmäßig in ihre Schranken zu verweisen, schließlich haben sie und ihr Team Mörder, Vergewaltiger und Zuhälter zu fassen. Ohnehin hat Hannah ganz andere Prioritäten, als sich auf Machtspielchen einzulassen, hat sich die Kriminalkommissarin doch in den Kopf gesetzt, ein lang zurückliegendes Verbrechen aufzuklären, unter dem sie bis heute leidet.
An Krimiserien mangelt es hierzulande nun wirklich nicht. Nicht nur dass die heimische Produktion eine lange Tradition hat und der angelsächsische Raum seit Jahrzehnten einen festen Genreplatz in unseren Wohnzimmern hat. Auch das europäische Umland mischt inzwischen fleißig mit, sei es als Koproduktion (Crossing Lines, The Team) oder im nationalen Alleingang. Das kleine Belgien ist in der Hinsicht noch ein recht unbeschriebenes Blatt, sieht man einmal von Clan ab, hat es bislang kaum etwas von unserem Nachbarn hierhergeschafft. Und die Serie war nur teilweise dem Krimibereich zuzuordnen, zeichnet sich mehr durch seine skurrilen Figuren und seinen schwarzen Humor aus.
In Code 37 wird hingegen relativ wenig gelacht, vor allem Hannah läuft mit einer fast schon unmenschlich permanenten miesen Laune durch die Gegend, scheint ihren Lebensinhalt darin zu sehen, ihr Umfeld ständig vor den Kopf zu stoßen. Das ist manchmal etwas übertrieben unnahbar, zumal auch die anderen Teammitglieder zunächst recht einfach gestrickt sind: Bob ist der leicht homophobe Macho, Charles der gutmütige Routinier, Kevin der unerfahrene Nerd. Da wird gerumpelt und gepoltert, gerne auch mal gestichelt, ohne dass dies aber je zu einer festen Größe wird. Allgemein beschränkt man sich bei den Figuren auf gelegentliche Ausbrecher aus der Routine. Da wird in der einen Folge eine Klaustrophobie angesprochen, in einer anderen mit Homosexualität geflirtet, ohne dass das je vertieft oder später wiederaufgenommen würde. Auch wenn die Auseinandersetzungen des Quartetts oft unterhaltsam sind, da wäre bei der Charakterzeichnung doch noch deutlich mehr drin.
Und das gilt dann auch für die Fälle, das inhaltliche Zentrum von Code 37. Eine Krimiserie mal nicht im Morddezernat anzusiedeln, sondern bei der Sitte, eröffnet die Möglichkeit, einmal ganz andere Geschichten zu erzählen, als wir sie ohnehin in dem Genre ständig zu hören bekommen. Genutzt wird diese Möglichkeit aber nur manchmal. Während etwa die Ermittlungen zu einer mutwilligen HIV-Übertragung im Pornomilieu tatsächlich neues Terrain betreten, fragt man sich bei so mancher der 13 Folgen, warum nun ausgerechnet Hannah und ihr Team sich darum kümmern sollen.
Die Fälle an sich sind dabei solide ausgestaltet, entsprechen meist dem Whodunnit-Prinzip: eine Straftat, viele mögliche Täter. Die Motive werden einem dabei zuweilen aber vorenthalten, werden lieber in einem Twist später verraten. Das macht die Tätersuche aus Zuschauersicht ein wenig mühselig, zum Rätselknacken ist Code 37 trotz der entsprechenden Ansätze eher weniger geeignet. Dafür darf man bei der Rahmenhandlung fleißig mitraten: Wie bei vielen anderen Serien auch wurde hier ein übergeordneter Fall eingeflochten, der den Episoden trotz in sich geschlossenen Geschichten eine äußere Struktur gibt und sich um die persönliche Vergangenheit der Hauptperson dreht. Das ist dann vielleicht keine kreative Glanzleistung, funktioniert aber gut genug, dass man sich von Episode zu Episode hangelt, um die Auflösung zu erfahren. Die gibt es am Ende zwar (noch) nicht, aber vielleicht dann ja in Staffel 2, die bereits auf ihre Käufer wartet. Krimifans wird es freuen, denn solide Genrekost bieten die Belgier hier allemal.
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