Im Schatten der Frauen
© Schwarz-Weiss Filmverleih

Im Schatten der Frauen

(„L’Ombre des femmes“ directed by Philippe Garrel, 2015)

„Im Schatten der Frauen“ läuft ab 28. Januar im Kino

So richtig zufrieden ist Pierre (Stanislas Merhar) nicht mit seinem Leben. Seine Partnerin hat er zwar, seit Jahren ist er mit Manon (Clotilde Courau) verheiratet, liebt sie, wird von ihr auch unterstützt, wo es nur geht. Sein Traum vom erfolgreichen Dokumentarfilmer will aber einfach nicht in Erfüllung gehen. Da lernt er die junge, attraktive Elisabeth (Lena Paugam) kennen, die ihm schöne Augen macht und bald auch mit ihm im Bett landet. Dass Pierre eigentlich eine Frau hat, stört die beiden nicht wirklich, immer häufiger treffen sie sich heimlich. Als er erfährt, dass aber auch Manon eine Affäre hat, ist er hin und her gerissen, will weder die eine, noch die andere Frau aufgeben.

Der Trend geht heute ja eher in die Richtung, den Zuschauer nicht weiter überfordern zu wollen. Geschichten werden im Zweifelsfall lieber einmal zu oft als zu wenig erklärt, Zwischenschritte mehrfach eingelegt, sofern diese überhaupt noch notwendig sein sollten. Mit seinem Mut zur Lücke ist der neueste Film des französischen Regieveteranen Philippe Garrel ein Gegenentwurf, wie er zeitvergessener kaum sein könnte – und das nicht nur wegen der oft sehr schönen, grobkörnigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Paris.

In der einen Szene sehen wir Pierre, wie er die Bekanntschaft von Elisabeth macht. Wenn sie das nächste Mal aufeinandertreffen, dann ist es am späten Abend: Pierre ließ eine gemeinsame Einladung für ihn und Manon sausen – sehr zum Missfallen der Letzteren –, schleicht sich aus der gemeinsamen Wohnung, um mit der jungen Praktikantin ins Bett zu steigen. Die Zeit dazwischen, das Kennenlernen, das Flirten, all das lässt Garrel unter den Tisch fallen. Und das ist nur ein Beispiel für die sehr elliptische Zählweise von Im Schatten der Frauen, das nur bruchstückchenweise die Geschichte ihrer Protagonisten freigibt. Momentaufnahmen, wie aus einem Fotoalbum.

Als Ansatz ist das interessant, wird aber nicht konsequent ausgeführt. Anstatt dem Zuschauer die Aufgabe zu überlassen, die nicht gezeigten Szenen selbst zu erschließen, übernimmt diese ein Erzähler. Immer wieder kommt eine Stimme aus dem Off, berichtet von den Schauplätzen, kommentiert und interpretiert. Befriedigend ist das nicht, höchstens kurios: Was man normalerweise von Darstellern und Drehbuch erwarten würde – das Gefühlsleben der Protagonisten zu zeigen –, findet so losgelöst vom Geschehen statt. Andererseits ist das vielleicht sogar die bessere Wahl, denn das, was gezeigt wird, ist nur selten überzeugend.

Die große Leidenschaft, die Pierre für Elisabeth empfinden soll, sie ist zu keiner Zeit spürbar. So wie sich in Pierre allgemein kein Gefühl äußert. An einer Stelle bekommt er einen kleinen Wutanfall, am Ende lächelt er mal kurz. Den Rest des Films jedoch läuft er mit herunterhängenden Mundwinkeln durch die Szenerie, so als ob ihn das alles schrecklich langweilen würde. Gesprochen wird dabei nicht oft, und wenn, dann sind die Dialoge oft unnatürlich, ebenso wie die Ereignisse bei weitem nicht so sehr aus dem Leben gegriffen, wie es der Film vorgibt zu sein. Wie wortlose Kommunikation funktioniert, das hat kürzlich 45 Years eindrucksvoll bewiesen. Davon ist Im Schatten der Frauen jedoch weit entfernt. Hier bleibt es nach einem stimmungsvollen Start nur dabei, dass am Ende keiner wirklich was zu sagen hat, weder den anderen Personen, noch dem Zuschauer.



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Ein Mann steht plötzlich zwischen zwei Frauen und kann sich nicht entscheiden. Das ist schön bebildert, ist durch seine elliptische Erzählweise im Ansatz auch interessant. Der Effekt wird durch den allgemeinen Erzähler aber wieder zunichte gemacht, die gezeigten Szenen sind weder emotional noch inhaltlich wirklich nachzuvollziehen.
4
von 10