(„Legend“ directed by Brian Helgeland, 2015)
Mitte der 60er-Jahre herrschen die Kray-Zwillinge (beide Tom Hardy) über das Londoner East End. Der smarte und geschäftsmännische Reggie und sein paranoid-schizophrener Bruder Ronnie streben aber höhere Ziele an. Die Herrschaft über die gesamte britische Hauptstadt scheint im Bereich des Möglichen. Und was ein so steiler Aufstieg mit sich bringen kann, sind zuvor ungeahnte Möglichkeiten. So ist es der berühmt-berüchtigte US-amerikanische Gangster Meyer Lansky, der mit den Krays eine geschäftliche und für beide Seiten äußerst lukrative Übersee-Beziehung aufbauen will. Doch als sich Reggie in die schöne Frances (Emily Browning) verliebt, spielt er mit dem Gedanken, in Zukunft ein ehrliches Leben zu führen. Doch diese Entscheidung ist keinesfalls leicht, denn die Vorteile, die so ein Gangster-Dasein zu bieten hat, sind äußerst verlockend.
Eine gewisse Vorfreude stellt sich immer ein, wenn es mal wieder einen Gangsterfilm auf den Kinoleinwänden zu bestaunen gibt. Denn auch wenn das Genre bei Filmfans durchaus beliebt ist, die großen Filmstudios stehen dem möglichen Erfolg doch eher skeptisch gegenüber. So gab es im letzten Jahr mit Black Mass endlich mal wieder einen wirklich guten Vertreter seines Genres, der aber an den Kinokassen auch nicht den ganz großen Erfolg verbuchen konnte. Man könnte sich nun schon ein wenig verwöhnt vorkommen, wenn nur knapp drei Monate später mit Legend ein weiterer Film in den Kinos anläuft, der sich mit dem organisierten Verbrechen beschäftigt. Dementsprechend stellte sich während und nach dem Kinobesuch Ernüchterung ein, denn der Trailer deutete auf einen hartes und kompromissloses Gangster-Drama hin. Das waren jedoch Erwartungen, denen das Endprodukt nicht gerecht werden konnte.
Das neueste Werk von Regisseur und Drehbuchautor Brian Helgeland hat nämlich zwei ganz große Schwächen. Zum einen wäre da die fehlende Balance. Denn anders als es der Trailer vermuten lässt, ist Legend eine Mischung aus Gangsterfilm und Romanze. Also im Grunde genommen ist es ein Mix dieser beiden Genres, doch irgendwie ist es gleichzeitig auch nichts von beidem. Zwar wird hier die Geschichte zweier Verbrecher erzählt, doch man hat zu keinem Zeitpunkt wirklich das Gefühl einen Gangsterfilm zu sehen. Von den illegalen Aktivitäten, mit denen die Krays ihr Geld machen, bekommt man fast gar nichts zu Gesicht, genauso wie von dem Aufstieg der Zwillinge. Gerade an diesen Stellen bleibt das Drehbuch äußerst oberflächlich. Die romantische Seite des Films leidet dann hauptsächlich darunter, dass ihr in den ersten zwei Dritteln kaum Beachtung zuteilwird und dass sie außerdem nach einem erzähltechnisch bekannten Muster abläuft.
Die zweite Große Schwäche von Legend ist das Tempo. Zugegeben, eine zu langsame und zähe Erzählung kann für einen Film bereits ein K.O.-Kriterium sein. Doch umgekehrt ist auch eine zu schnelle Herangehensweise an eine Geschichte oftmals ein Problem. Vor allem dann, wenn man sich wie hier zwischenzeitlich kaum eine Auszeit gönnt. So werden die vielen Handlungsschauplätze abgearbeitet und es entwickelt sich eine kleine Hetzjagd, in der man nacheinander immer wieder mit verschiedenen Szenerien konfrontiert wird, und das teilweise in so kurzen Zeitabständen, dass man mit den vorherigen Teilen in der Handlung noch gar nicht gänzlich abgeschlossen hat. An manchen Stellen verliert man dann auch bei einigen Details den Überblick. Doch wenn man sich letztlich das daraus resultierende Ergebnis ansieht, merkt man, dass man die Einzelheiten nicht zwingend mitbekommen haben muss, da diese durchaus entbehrlich waren.
Nichtsdestotrotz ist Legend am Ende ein durchaus unterhaltsamer Film geworden, was zum größten Teil an der Performance von Tom Hardy liegt. Dieser hat in seiner Doppelrolle sichtlich Spaß und verleiht jedem der beiden Brüder individuelle Eigenschaften, sodass man nach einiger Zeit sogar vergisst, dass man hier den selben Darsteller zweimal sieht. Und so zählen zu den beste Szenen im Film die, in denen Ronnie und Reggie gemeinsam auftreten. Denn, so paradox wie es sich auch anhört, das Zusammenspiel zwischen Tom Hardy und Tom Hardy stimmt und seine Figuren sind so unterschiedlich ausgelegt, dass es bei ihrem Aufeinandertreffen zwangsläufig zu Spannungen kommt. Doch neben der hier durchaus hart dargestellten Gewalt ist Legend überraschend humorvoll. Manchmal bedarf es nicht einmal Worte, sondern nur Ronnies Mimik um den Zuschauer zum Lachen zu bringen. An anderen Stellen sind es dann aber auch mal die teilweise witzig gestalteten Dialoge, die einen zum Schmunzeln bringen. Glücklicherweise kommt dieser Humor nur stellenweise zum Einsatz und verkommt so zu keinem Störfaktor.
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