Ratatouille
© Pixar/Disney

(„Ratatouille“ directed by Brad Bird, 2007)

RatatouilleSo als Ratte hat man es echt nicht leicht im Leben: Niemand mag dich, ständig musst du dich vor allen verstecken, zu futtern gibt es nur, was andere nicht mehr haben wollen. Für Remmy ist vor allem der letzte Punkt eine Zumutung, denn anders als seine Artgenossen hat er einen überaus sensiblen Geschmack entwickelt. Anstatt im Müll zu wühlen, schleicht er sich lieber in die Küche der Menschen, um sich dort mit Leckereien zu versorgen, träumt davon, einmal eine Karriere als Koch zu machen. Als er eines Tages zufällig vor dem Restaurant seines verstorbenen Meisterkoch-Idols Gusteau landet, scheint sich dieser Traum zu erfüllen. Denn dort arbeitet auch der tollpatschige Küchenjunge Linguini. Und der kann jede kulinarische Hilfe gebrauchen, selbst wenn diese von einer Ratte kommt.

Ein bisschen enttäuscht durfte man ja schon sein nach Cars, dem vorangegangenen Werk der Pixar Studios: Technisch makellos, bot die Geschichte nicht wirklich genug Stoff, um zwei Stunden damit zu füllen, ruhte sich zu sehr auf der zugegeben witzigen Idee aus, die Welt nur mit Autos zu bevölkern. Würde es Ratatouille besser machen, der auf einen sehr viel weniger originellen Protagonisten zurückgreift? Und will man das überhaupt, eine Geschichte über Ratten?

Die Antwort lautet in beiden Fällen eindeutig ja. Brad Bird, der schon in Die Unglaublichen viel frischen Wind in die sich langsam versteifenden Studios brachte, bewies hier einmal mehr, dass er zu den talentiertesten Regisseuren im Animationsbereich gehörte – auch wenn die Geschichte dieses Mal nicht auf ihn zurückging, sondern den Tschechen Jan Pinkava. Ein bisschen lebt auch Ratatouille von dem Gimmick, einen Nicht-Menschen in einer sehr menschlichen Rolle zu zeigen. Eine Ratte, die einem jungen Mann zeigt, wie man kocht? Absurd!

Aber der Film hat eben auch mehr zu bieten, viel mehr. Schon der Humor gefällt durch Abwechslungsreichtum, ist mit pixartypischen Anspielungen angereichert, die eher für ein älteres Publikum bestimmt sind, aber auch mit zahlreichen Slapstickeinlagen, die in jedem Alter ihre Wirkung zeigen. Dabei spart Bird nicht an Actionmomenten, sei es in Form von Verfolgungsjagden oder das unglaubliche Chaos, das Linguini hinterlässt, wann auch immer er das Bild betritt. Wenn dabei auch noch die Kamera unentwegt umherwirbelt, man streckenweise gar nicht mehr weiß, wo, wer, wann man ist, dann ist die Versuchung groß, auf die Pausetaste zu drücken – um wieder zu Luft zu kommen, aber auch um die vielen kleinen Details am Rande nicht zu verpassen.

Optisch ist Ratatouille nämlich wieder ein Fest, das sein Alter dank seiner stimmig gewählten Designarbeit sehr gut kaschieren kann, vielen heutigen Genreverwandten sogar noch diverse Tricks beibringen könnte. Die Animationen sind flüssig, ausladend, Teil des Spaßes, gleichzeitig aber auch ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn es darum geht, den Figuren Persönlichkeit zu geben. Und davon haben sie, mehr als so mancher Realdarsteller von sich behaupten kann. Dass die Randfiguren dabei größtenteils nur aus Klischees bestehen, lässt sich verschmerzen, auch dass die dem Film zugrundeliegende Aussage nicht die originellste ist: „Sei du selbst!“ Das ist aber auch der einzige nennenswerte Wermutstropfen: Die überbordende Kreativität lässt später wieder nach, die Witze beginnen sich zu ähneln, Ratatouille entdeckt sein Herz für Konventionen. So lange die Konventionen aber ähnlich umgesetzt sind wie hier, dann gibt es keinen Grund zum Klagen, die kulinarisch begabte Ratte beschenkt uns hier mit einem runden Vergnügen für jung und alt, das gleichermaßen Lachmuskeln wie das Herz in Angriff nimmt.



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Eine Ratte als Meisterkoch, dass muss man sich erst einmal auf der Zunge vergehen lassen. Natürlich lebt „Ratatouille“ von der Absurdität der Situation, bietet darüber hinaus aber auch eine hochwertige Optik, viel Action, vor allem aber viel Humor und Herz.
8
von 10