(„Mahōka Kōkō no Rettōsei“ directed by Manabu Ono, 2014)
Morsche Stäbe, muffige Bücher und unaussprechliche Formeln? Nein, davon hat man sich schon vor langer Zeit verabschiedet, Magie wird heute durch die Wissenschaft unterstützt und an eigenen Hochschulen gelehrt. Die Geschwister Tatsuya und Miyuki Shiba sind nur zwei der vielen Jugendlichen, die auf eine Aufnahme an einer der renommierten Schulen hoffen. Während Miyuki mit Kusshand an der Affiliated High School aufgenommen wird und schnell zur Elite zählt, läuft das bei ihrem älteren Bruder sehr viel weniger glatt. In der Theorie ein Meisterschüler hapert es doch sehr an der Praxis, nur durch ein Nachrückverfahren schaffte er es doch noch. Ende gut, alles gut? Nicht ganz, denn weniger Begabte haben an der Hochschule unter Diskriminierung zu leiden, und auch Tatsuya muss sich erst einmal anderen gegenüber beweisen.
Schon einmal gefragt, wie wohl Harry Potter als Anime aussehen würde? Eine mögliche Antwort darauf präsentiert The Irregular at Magic High School, eine Verfilmung der gleichnamigen Roman- bzw. Light-Novel-Reihe von Tsutomu Satō. Wobei der Vergleich nicht nur wegen der Herkunft und des Alters der Protagonisten hinkt, auch die Welt ist eine ganz andere. Magie, die durch neuste Technik perfektioniert wird, eine von Krisen geschüttelte Nachkriegswelt, eine Herabwürdigung von normal begabten Menschen, das ist schon eine interessante Ausgangssituation, welche uns die Serie da bietet.
So richtig viel macht Regisseur Manabu Ono aber nicht aus dem Stoff. Anstatt mehr über die Welt zu erzählen, gibt es zunächst einmal die üblichen Schülerprobleme. Es wird zwar nie so melodramatisch wie bei Selector Infected WIXOSS oder Black Rock Shooter, aber auch hier steht man dem eigenen oder fremden Glück ganz gern mal im Weg, muss sich mit arroganten Schnöseln, Eifersüchteleien und kleinen Machtspielchen herumplagen. Weiter störend ist das nicht, auch die unpassend schlüpfrigen Momente lassen sich ertragen – im Gegensatz zum mehrfach angedeuteten und sehr irritierenden inzestuösen Verhältnis von Tatsuya zu seiner kleinen Schwester Miyuki.
Überhaupt sind die Figuren der große Schwachpunkt von The Irregular at Magic High School. Tatsuya ist zu forciert cool, immer wieder gelingt ihm praktisch alles, ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen. Seine angeblich hoch begabte Schwester hingegen begnügt sich meist damit, ihren großen Bruder anzuhimmeln. Und dann wären da noch die Mitschüler, die so gesichtslos und nichtssagend sind, dass man sie auch nach der Hälfte der Serie kaum auseinanderhalten kann. Wenn diese in einem großen Wettbewerb gegeneinander antreten, welcher gleich mehrere Folgen umfasst, wird es daher besonders langweilig. Warum wetteifern, wenn dank Tatsuya das Ergebnis sowieso von vornherein feststeht?
Immerhin bekommen wir dabei schöne, sehr effektreich inszenierte Zaubereien geboten, die aber eben nicht dem alten Muster entsprechen, sondern technisch aufgemotzt wurden. Das hat zwar den Nachteil, dass man sich ständig Pseudofachbegriffe anhören muss, die dem Ganzen einen wissenschaftlichen Anstrich geben sollen. Dafür durfte das Animationsstudio Madhouse (Highschool of the Dead, Record of Lodoss War) bei der Umsetzung tief in die Effektkiste greifen. Das sieht insgesamt schick aus, passt auch gut zur von Elektromusik begleiteten unterkühlten Technooptik. Solche Einlagen hätte man sich im Laufe der 26 Folgen häufiger gewünscht, für eine Geschichte, die von Magie handelt, wird zu oft geredet, zu selten gezaubert. Erst zum Schluss, wenn sich die zuvor immer mal wieder angedeuteten Verschwörungsthriller-Elemente in einem Dauerfeuer entladen, nimmt die Serie doch mal ein wenig Fahrt auf. Aber das ist zu spät und nachlässig vorbereitet, die Gewichtung der einzelnen Elemente stimmt vorne und hinten nicht. Was fehlt ist eine schlüssige Darstellung der Welt und ihrer Konflikte. Und auch der Grund, weshalb man sich für sie überhaupt interessieren sollte.
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