(„A Royal Night Out“ by Julian Jarrold, 2015)
Am 8. Mai 1945 hält die Welt den Atem an, um sogleich in Jubel auszubrechen. Der Zweite Weltkrieg ist vorbei. Überall in London tanzen und feiern die Menschen in den Straßen, auf dass diese Nacht niemals enden möge. Hinter königlichen Mauern bekommen die Prinzessinnen Elizabeth (Sarah Gadon) und Margaret (Bel Powley) jedoch nichts davon mit. Fest entschlossen, ihre royalen Fesseln abzulegen, machen sie sich daran, ihre Eltern (Emily Watson, Rupert Everett) zu überzeugen, sich für eine Nacht unters Volk mischen zu dürfen. Es gelingt und beide bahnen sich, mehr oder weniger inkognito, ihren Weg durch die feiernde Menschenmasse, hinein in die ungewisse Nacht. Es geschieht, was geschehen muss: Die beiden Schwestern verlieren sich aus den Augen. Während Margaret neue Bekanntschaften schließt und hier und da etwas zu tief ins Glas schaut, befindet sich Elizabeth stets auf der Suche nach ihr. Dabei begegnet sie Jack (Jack Reynor), einem Mitglied der Fliegerstaffel, der ihr hilft. Der Beginn einer ersten Romanze für Elisabeth und einer Nacht voller Freuden, aber auch Gefahren.
Einmal normal sein. Einmal den silbernen Löffel aus der Hand legen dürfen, um über den königlichen Tellerrand hinaus schauen zu können. Das Phänomen des umgedrehten Aschenputtels. Filme wie Plötzlich Prinzessin! und Ein Date mit Hindernissen haben gezeigt, dass Adel seine Schwierigkeiten und nicht immer nur Glitzer und Glamour mit sich bringen kann. Ähnliche Filme „überzeugen“ oftmals mehr mit plumpen arm/reich und spaßig/spießig Vergleichen als durch wirkliche Geschichten von Herzen. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum der nächste Versuch eines solchen Films auf einer wahren Begebenheit basiert. Die schönsten Geschichten schreibt doch immer noch das Leben selbst, und so schlichen sich Queen Elizabeth II. und ihre Schwester Margaret am 8. Mai 1945 tatsächlich im Schatten der Monarchie unter das Volk und erfuhren zum ersten Mal, wie es ist, normal zu sein. Eine wahre Geschichte der royalen Freiheit, plus minus der künstlerischen Freiheit, kann das funktionieren, geschweige denn unterhalten?
Der Film startet etwas schwerfällig, spürt man doch stets den Druck des Königshauses auf den Schultern der beiden Mädchen. Bemerkt man zwar, dass man auch als Royal nur ein Mensch ist, beginnt sich das eigentliche Bild der Geschichte erst beim Verlassen des Palastes zu erschließen. Mit der Unschuld im einen Auge und der Faszination im anderen, öffnet sich für die Prinzessinnen eine ganz neue Welt. Während Margaret sich in das wilde Partyleben stürzt und dabei nicht nur freundlichen Menschen begegnet, ist Elizabeth verantwortungsvoll, beinahe hochnäsig. Je mehr Fahrt die Geschichte aufnimmt, desto mehr fühlt man mit den Protagonisten. Die beiden Offiziere, welche die Prinzessinnen begleiten sollen, überzeugen durch slapstickartige Einlagen. Das gezeigte London lädt zum Feiern ein. Es wird gelacht, getanzt und getrunken. Eine Stadt im Ausnahmezustand, untermalt mit fantastischer Big Band Musik.
Dann wäre da noch die Romanze zwischen Jack und Elizabeth, die vorhersehbar, aber nicht störend ist, und mit Ende des Films findet auch Elizabeth ihre Stimme und Temperament. Der gravierendste Unterschied zu anderen Filmen dieser Sorte ist jedoch das Schwestern-Duo. Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten und doch so vereint im Geiste. Vor allem haben beide genug von all den Verantwortungen und Verpflichtungen. Diese Symbiose gibt dem Film die richtige Tonalität und mit Margaret ein wahres Partytier unter den Royals. Beinahe frei von ihren Ketten geben sich sich dem Abend hin und erleben die Freude des Volkes.
A Royal Night Out – 2 Prinzessinnen, 1 Nacht erzählt die Geschichte zweier Schwestern und ihrem Ausflug in die Gewöhnlichkeit. Dabei ist der Film so herrlich ungewöhnlich und doch natürlich, vorhersehbar und doch charismatisch, so Elizabeth und zugleich auch Margaret. Die Atmosphäre Londons reißt einen in Sekundenschnelle mit, während die Hüfte zur Musik in den Straßen schwingt. Die Mischung aus Gefahr und Freiheit war selten so explosiv und dennoch so effektiv. Der Film bringt zusammen, was durch jahrelangen Krieg auseinander trieb – Europa, London, zwei Schwestern, eine Familie.
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