(„Shōnen Sarutobi Sasuke“ directed by Taiji Yabushita, Akira Daikuhara, 1959)
Zurückgezogen, aber glücklich leben der Junge Sasuke und seine ältere Schwester in einem Wald, den sie sich mit mehreren Tieren teilen. Das ändert sich jedoch eines Tages, als die böse Hexe Yakusha auftaucht, sich mit einer Räuberbande zusammenschließt und beginnt, die Gegend zu terrorisieren. Dass jemand ihr Einhalt gebieten muss, ist klar. Nur wie? Ein Zauberer, der in den Bergen lebt, soll Sasuke in die Kunst der Magie einweisen und ihm so die Möglichkeit geben, Yakusha zu besiegen.
Auch wenn Animefilme hierzulande erst in den 80ern und 90ern als solche wahrgenommen wurden, gerade durch Akira, Ghost in the Shell oder auch die Werke von Studio Ghibli, schon Jahrzehnte zuvor schafften vereinzelt welche ihren Weg hierher. Einer der frühesten stammt aus dem Jahr 1959 und wurde bereits zwei Jahre später unter dem Titel Der Zauberer und die Banditen eingedeutscht.
Mit den Anime-Stereotypen von heute hat das folkloristische Märchen optisch jedoch nur wenig gemeinsam: Hier gibt es keine Kulleraugen, keine überlangen Beine, keine wild gefärbten Haare. Vielmehr sind die Figuren äußerst realistisch gehalten und versuchen auch gar nicht, ihre japanische Herkunft zu verbergen. Mit ihrer meist blassen Haut – die Banditen einmal außen vorgelassen –, den mandelförmigen Augen und den schwarzen Haaren sind sie anders als die meisten heutigen Nachkommen direkt als Asiaten zu erkennen. Gleiches gilt für die Musik, welche abgesehen von dem englischsprachigen Titellied, traditionell japanisch gehalten ist, was sehr viel besser zu der Geschichte passt als der heute so gern verwendete J-Pop.
Das Alter sieht man Der Zauberer und die Banditen aber auch an anderen Stellen an, ein visuelles Kleinod ist der zweite Spielfilm des Traditionsstudios Toei Animation (nach Erzählungen einer weißen Schlange) sicher nicht. Es gibt ein paar schönere Unterwassereffekte, die gemalten Hintergründe sind dafür schon recht einfach gehalten. Auch die Animationen sind eine eher zwiespältige Freude: Meistens passt das Ergebnis, vor allem bei den Tieren. An anderen Stellen, etwa wenn Sasuke mit seinem neuem Meister trainiert, begnügte man sich mit dem Nötigsten.
Inhaltlich ist Der Zauberer und die Banditen ein zwar klassisches Märchen, das an vielen Stellen aber seltsam westlich wirkt. Der Versuch, solche Geschichten durch diverse Tiercharaktere und Lieder zugänglich zu machen, kannte man damals vor allem durch Disney. Gerade anfangs ist man einem Bambi dadurch deutlich näher als der eigenen Animekonkurrenz. Später kommen diverse nicht immer komische Slapstickszenen dazu, die man fast eins zu eins in Asterix einbauen könnte, ohne dass sie einem weiter auffallen, und die auch nicht so ganz zu dem Rest des Films passen. Vereinzelt wird das Zeichentrickwerk nämlich überraschend düster: Gleich zu Beginn muss eins der Tiere sterben, Yakusha ist zudem eine ausgesprochen furchteinflößende, diabolische Gegenspielerin.
Dennoch war und ist Der Zauberer und die Banditen in erster Linie für ein jüngeres Publikum gedacht, das sich an klaren gut-böse-Strukturen und niedlichen Tieren erfreuen kann und keine besonders hohen Ansprüche an die Handlung stellt. Diese teilt sich zwar im weiteren Verlauf in mehrere Stränge auf, bleibt dabei aber recht simpel – so richtig viel passiert nicht im Laufe der gut 80 Minuten. Nette Unterhaltung wird dabei aber schon geboten. Wer Zeichentricknachschub für die lieben Kleinen sucht, der macht hier nichts wirklich verkehrt. Aber auch Nostalgiker oder historisch Interessierte dürfen die kürzlich erschienene DVD-Neuauflage einmal ins Auge fassen.
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