Eisenstein in Guanajuato
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(„Eisenstein in Guanajuato“ directed by Peter Greenaway, 2015)

Eisenstein in Guanajutao DVD
„Eisenstein in Guanjuato“ ist seit 22. Januar auf DVD erhältlich

Als der russische Regisseur Sergei Eisenstein (Elmer Bäck) 1931 nach Mexiko reist, dann eigentlich nur zu dem Zweck, seinen neuen Film mit dem Titel „Que viva México!“ zu drehen. Tief beeindruckt von der fremden Kultur, gerade auch von dem farbenfrohen Totenkult, rückt das Filmemachen für ihn jedoch immer weiter in den Hintergrund, er denkt über Gott und die Welt nach. Über die Situation in seinem Heimatland. Und über seinen eigenen Körper. Nicht ganz schuldlos daran ist der attraktive Fremdenführer Palomino Cañedo (Luis Alberti), der ganz offen zu seiner homosexuellen Seite steht.

Revolution, immer wieder Revolution. Mit der Revolution in Mexiko sollte Eisensteins Que viva México! enden, ähnlich wie der Regisseur in Oktober die russische Revolution von 1917 porträtiert hat. Doch Revolution kann viele Formen annehmen, an vielen Orten stattfinden – im Kopf, auf der Leinwand, im Bett. Das zumindest lehrt uns Peter Greenaway in Eisenstein in Guanajuato, ein rauschartiges Porträt von Sergei Eisenstein in der Fremde. Sofern man es überhaupt ein Porträt nennen darf, der britische Exzentriker ist weniger an der Widergabe historischer Begebenheiten interessiert, sondern nimmt sich auf eine sehr eigenwillige Weise des Themas an, spekuliert munter drauf los, stellt überraschende, teils kontroverse Querverbindungen her.

Wobei er es einem nicht immer leicht macht, diesen auch zu folgen: Eisenstein in Guanajuato als einen unruhigen Film zu bezeichnen, das wäre eine gewaltige Untertreibung. In Bewegung ist hier alles, überall, jederzeit, ohne Ende, Ende, Ende. Nur selten nimmt Greenaway den Fuß vom Gaspedal, etwa bei einer der wohl seltsamsten Liebesszenen, die man in der letzten Zeit in einem Film sehen durfte. Ansonsten wirbelt die Kamera herum, dreht sich in einer so großen Geschwindigkeit um die Protagonisten, dass einem schwindlig wird, ergibt sich einem frenetischen Rausch aus Farben und Formen. Zwischendurch wird dann mit Splitscreens experimentiert, gerade auch im Zusammenhang mit historischen Aufnahmen, die der Filmgegenwart entgegengestellt werden. Aber auch das ist weniger Ausdruck eines tatsächlich geschichtlichen Interesses, sondern Teil eines Kunstwerks, das alles und jeden um sich herum aufnehmen möchte.

Faszinierend ist das ohne Zweifel, immer wieder starrt man als Zuschauer ungläubig auf den Bildschirm, ist gefesselt von der raschen Bilderfolge und den grotesken Einfällen, die oft aus dem Nichts zu kommen scheinen. Auf Dauer sind die Ticks dann aber doch eher anstrengend als wirklich anregend. Das trifft besonders auf die Hauptfigur zu, die durch den Finnen Elmer Bäck zu einer Mischung aus Einstein, kleiner Junge und Duracell-Hase wird. Seine Wortschwalle und Gedankensprünge stehen der Inszenierung in nichts nach, er lässt weder sich noch dem Publikum die Luft zu atmen. Nur selten hat man daher das Gefühl, es hier auch tatsächlich mit Menschen zu tun zu haben, alles ist grotesk, überdreht, unwirklich. Und eben auch sexuell überladen. Wenn Eisenstein, später auch Cañedo nicht gerade nackt durch das luxuriöse Zimmer spazieren oder Eisensteins Fotosammlung von Aktmalereien begutachtet wird, dann ist Sex das Gesprächsthema. Sex und Tod.

Anfang und Ende, das ist in Eisenstein in Guanajuato eine Einheit, ähnlich wie in Mexiko der Tod nicht als Tragödie aufgefasst wird. Wenn Greenaway den grauen Friedhof Russlands mit dem Farbenfest des mexikanischen Tages der Toten kontrastiert, dann braucht er keine weiteren Worte mehr, um zwei Lebensentwürfe herauszuarbeiten. Und um zu zeigen, mit welchem er mehr sympathisiert. Es ist einer von mehreren großartigen Momenten, für die man dann – trotz seiner enervierenden, oft nichtssagenden Art – doch dankbar ist, einen Film gesehen zu haben, wie man ihn nur selten zu Gesicht bekommt. Ein Film, der brennen will, dabei aber nicht wärmt, sondern das Gefühl von Asche zurücklässt.



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„Eisenstein in Guanajuato“ ist weniger ein herkömmliches Biopic, als vielmehr ein rauschartiges, sexuell aufgeladenes Kunstwerk. Das ist oft faszinierend, teils sogar großartig, auf Dauer dann aber doch recht anstrengend und am Ende auch eher nichtssagend.
5
von 10