The Affair Staffel 1
© Paramount Pictures

The Affair – Staffel 1

(„The Affair – Season 1“ directed by Jeffrey Reiner and others, 2014)

The Affair Season eins
„The Affair – Season eins“ ist seit 4. Februar auf DVD erhältlich

Es ist eine dieser Traditionen, die eigentlich niemand so wirklich aufrechterhalten will: der Sommerurlaub bei den Eltern von Helen (Maura Tierney). Vor allem ihr Mann Noah (Dominic West) bekriegt sich unentwegt mit den überkritischen Schwiegereltern, aber auch die vier Kinder würden die Zeit lieber woanders verbringen – was aus Geldgründen jedoch keine Option ist. Diesen Sommer soll aber alles anders werden, als Noah in einem Imbiss Alison (Ruth Wilson) über den Weg läuft und es zwischen beiden mächtig funkt. Obwohl auch sie verheiratet ist, mit dem Farmer Cole (Joshua Jackson), beginnen die zwei eine Affäre, die ihnen schon bald entgleitet.

Ein Ehebruch kommt in den besten Familien vor. Und in den besten Filmen auch. Ob sich verstoßene Liebhaber später an den Protagonisten rächen oder Ehen ihre großen Krisen durchleben, normalerweise dienen außereheliche Aktivitäten als dramaturgische Katalysatoren, als Ausgangspunkte einer größeren Geschichte. Die Affäre an sich aber zum Thema zu machen, das ist eher ungewöhnlich. Gibt es dabei tatsächlich so viel zu erzählen, um einen ganzen Film zu füllen? Mehr noch, eine ganze Serie? Sarah Treem und Hagai Levi waren der Ansicht, und der Erfolg von The Affair gibt ihnen recht.

Allerdings behelfen sich die beiden dabei auch zweier erzählerischer Tricks, um das Ganze aufzuwerten. Der erste ist, dass die strikte Chronologie aufgehoben wird: Wir beginnen in der Gegenwart, weil die beiden Ehebrecher von der Polizei hierzu befragt werden. Dass wir von einer desolaten Situation aus in die Vergangenheit reisen, um zu erfahren, wie es zu dieser kam, ist ein beliebtes Stilmittel, um den Zuschauer neugierig zu machen und an Leinwand bzw. Bildschirm zu fesseln (siehe Hangover, Nicht mein Tag). The Affair lässt einen dabei jedoch im Unklaren, in welcher Situation wir uns überhaupt befinden, erst nach und nach im Laufe der zehn Folgen erfahren wir den Grund für die Vernehmung. Diese etwas andere Variante ist aber nicht minder spannend und damit effektiv, die unheilvolle Stimmung lässt einen die Fernbedienung unbeachtet daneben liegen, man will schließlich wissen, worum es denn überhaupt geht.

Noch interessanter ist aber, dass es auch immer zwei Varianten der Geschichte gibt, je nachdem wer sie gerade erzählt. Wenn Noahs Tochter sich in dem Imbissladen verschluckt, kommt ihr in Noahs Version er selbst zu Hilfe, bei der von Alison war sie es, die dem Kind half. Und diese Diskrepanzen finden sich auch in den Anfängen der Affäre. War Alison die laszive Verführerin, wie Noah es behauptet? Oder stimmt die Erzählung von Alison, wonach er sie bedrängt hat? Die Serie lässt es dabei offen, welche der Versionen stimmt, und auch weshalb sie sich immer wieder unterscheiden. Versucht hier jemand die Polizei von der Schuld des anderen zu überzeugen oder erinnern sich die beiden tatsächlich derart unterschiedlich an diese Ereignisse? Schön ist, mit welch minimalen Mitteln die subjektiven Erzählungen immer einen etwas anderen Schwerpunkt bekommen, wie sie sich in kleinen Details unterscheiden, man durch die Perspektivenwechsel die Figuren mal so, mal so beurteilt.

Ein allgemeines Urteil hält uns The Affair hingegen vor, eine tatsächliche „Wahrheit“ gibt es in der Begegnung nicht. Das kann für den einen oder anderen recht frustrierend werden, wenn eine Auflösung im eigentlichen Sinne fehlt. Mehr noch, die erste Staffel endet mit einem Cliffhanger, was irgendwo schon etwas dreist ist, wenn man bedenkt, dass hier nur eine Geschichte abgehandelt wird. Andererseits ist die Freude umso größer, dass tatsächlich noch eine zweite Staffel folgt. Denn selbst wenn man die erzählerischen Spielereien wegließe, bliebe eine Serie, die dank starker Leistungen der Darsteller sehenswert ist. Den Machern dahinter gelang das Kunstwerk, die Balance zu halten, die Protagonisten weder zu verurteilen, noch ihre Taten zu beschönigen, sondern sich dem heiklen Thema einfühlsam von zwei Seiten zu nähern. Fatal ist es, was hier geschieht, hat auch eine Kettenreaktion zur Folge, die am Rande etwas übertrieben sein mag. Im Inneren ist die mehrfach preisgekrönte Serie aber ein glaubwürdiges, sehr menschliches Drama um zwei Leute, die trotz aller Umstände und wider besseren Wissens ihre Gefühle füreinander nicht in den Griff bekommen.



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„The Affair“ gelingt das Kunststück, tatsächlich zehn Folgen lang über eine Affäre zu sprechen, ohne dass sich das Thema abnutzt. Das liegt zum einen an dem kontinuierlichen Perspektivenwechsel und der neugierig machenden, unheilvollen Stimmung, aber auch an den starken Hauptdarstellern, die zwei von ihren Gefühlen bestimmte Ehebrecher glaubwürdig zum Leben erwecken.
8
von 10