Alle Katzen sind grau
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Alle Katzen sind grau

(„Tous les Chats sont gris“ directed by Savina Dellicour, 2015)

Alle Katzen sind grau
„Alle Katzen sind grau“ läuft ab 31. März im Kino

Seit seiner Rückkehr nach Brüssel versucht Paul (Bouli Lanners), als Privatdetektiv Fuß zu fassen. Sein Herzensprojekt wäre aber ein anderes: endlich einmal seine inzwischen 16-jährige Tochter Dorothy (Manon Capelle) kennenzulernen. Die weiß nichts von ihrem Vater, da ihre Mutter Christine (Anne Coesens) Paul seinerzeit überredete, sich von ihnen fernzuhalten. Und wenn es nach ihr ginge, bliebe es auch dabei. Doch Dorothy hat schon länger die Ahnung, dass ihr angeblicher Vater nicht der leibliche ist und heuert deshalb ausgerechnet Paul an, diesen zu finden – was den wiederum in eine ziemliche Zwickmühle bringt.

Stell dir vor, du darfst deiner Tochter nicht sagen, dass du ihr Vater bist, sollst für sie aber ihren Vater finden – viel absurder kann es eigentlich nicht kommen. Wo andere angesichts dieses Stoffes zur naheliegenden Komödie gegriffen und eine Reihe chaotischer Momente zusammengeschrieben hätten, da geht Regisseurin und Drehbuchautorin Savina Dellicour einen ganz eigenen Weg. Humoristische Elemente sind in ihrem großen Solodebüt Alle Katzen sind grau sicher zu finden, ebenso aber Coming-of-Age-Momente, Familiendramen und sogar Krimiversatzstücke.

Das hört sich für den ersten Moment vielleicht ein wenig unentschlossen an, ist aber als Gesamtpaket tatsächlich stimmig – sofern man keine allzu großen Ansprüche an die Glaubwürdigkeit stellt. Es ist nicht nur die Ausgangssituation, welche selbst für das Leben zu verrückt ist, auch später kommt es zu Abschnitten, die man Dellicour nicht wirklich abnimmt, entweder weil sie zu unwahrscheinlich sind oder ein bisschen hastig erzählt: Da werden Ergebnisse aus dem Hut gezaubert, die kaum vorbereitet werden. Das ist im Fall einer tatsächlich unerwarteten Wendung gelungen, bei anderen eher weniger. Wäre Alle Katzen sind grau ein reiner Krimi, der belgische Film hätte für seinen konstruierten Plot viel Kritik einstecken müssen.

Aber er ist eben kein Krimi. Und was ihm im Bereich Glaubwürdigkeit mangelt, das macht er mit seinen Figuren, seinen zwischenmenschlichen Konflikten und seinem Charme mehr als wieder wett. Denn die ungewöhnliche Rahmengeschichte um den verlorenen leiblichen Vater, die ist letztendlich nicht mehr als ein Rahmen für die alltäglichen Probleme innerhalb einer Familie, gerade auch für Heranwachsende. Da wird nicht miteinander gesprochen, mal aus Unvermögen, dann wieder aus Ignoranz oder auch Scham, Eltern und Kinder finden einfach keine gemeinsame Wellenlänge, finden nicht zueinander.

Und letztendlich geht es auch um das Finden des eigenen Selbst. Wer bin ich? Was macht mich aus? Wenn Dorothy um ihre Identität ringt, dann ist das auch aufgrund der bemerkenswerten Leistung von Nachwuchsschauspielerin Manon Capelle absolut authentisch, die sowohl die Hilflosigkeit wie auch den Trotz dieses Alters in sich vereint. Da auch die Chemie zwischen dem Trio stimmt und wir immer wieder mit kleinen schönen, manchmal rührenden Momenten verwöhnt werden, sollten sich die Liebhaber leiser, von Figuren geprägter Geschichten Alle Katzen sind grau einmal vormerken.



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Glaubwürdig ist die Suche nach dem leiblichen Vater oft nicht: Sowohl die Ausgangssituation wie auch spätere Ereignisse sind recht konstruiert. Dafür sind die Coming-of-Age- und Familiendramaelemente des kleinen, leisen Films schön authentisch, überzeugend gespielt und stimmig zusammengefügt.
7
von 10