(„Café Waldluft“ directed by Matthias Koßmehl, 2016)
Wenn ein Thema vergleichbar stark die Medien beherrscht und für hitzige Diskussionen sorgt wie die Flüchtlingsproblematik, dann darf man einem Film schon etwas misstrauisch gegenüber sein, der eben dieses aufgreift. Schließlich besteht bei einem solchen Projekt immer die Gefahr, dass es nur von der Situation profitieren will. Oder schlimmer noch: zur Hysterie beitragen. In Café Waldluft ist aber nichts hysterisch, weder die Personen, noch die Geschichte, noch der Ort. Im Gegenteil.
Das titelgebende Café ist eigentlich ein Hotel oder war es zumindest mal. Hier in Berchtesgaden, einem beschaulichen Ort im tiefsten Südosten des Landes, darf Bayern noch so sein, wie man es von Postkarten her kennt: der Himmel ist Blau, die Menschen tragen gerne Trachten, man hat es lieber gemütlich, dahinter erstreckt sich das Bergpanorama. Bei Touristen war das idyllisch gelegene Hotel schon immer beliebt gewesen, ist der Weg in die Natur doch nicht weit. Am Standort hat sich zwar nichts geändert, wohl aber an den Bewohnern: Heute gibt es hier keine richtigen Gäste mehr, sondern Asylsuchende, Café Waldlust ist zu einem Heim für Flüchtlinge geworden.
Das ist natürlich erst einmal eine ziemlich absurde Vorstellung, das direkte Nebeneinander von auf alten Traditionen beharrenden Urdeutschen, die gern unter sich bleiben, und Menschen, die aus Afghanistan oder Syrien stammen, ihre eigenen Wertvorstellungen und Gewohnheiten mitbringen. Das birgt eine Menge Zündstoff, so sollte man zumindest meinen. Tatsächlich ist der Dokumentarfilmer Matthias Koßmehl, der selbst aus der Gegend stammt, überhaupt nicht an möglichen Konflikten interessiert. Früher, während der allmählichen Umstellung von einem Hotel zu einem Heim, da mag es böse Anrufe gegeben haben. Inzwischen gehört das jedoch der Vergangenheit an, die zwei Welten leben hier fröhlich miteinander, Wirtin Flora kümmert sich um die Leute, die einen weiten Weg hinter sich haben und auf ein besseres Leben zu hoffen.
Das Ganze wirkt manchmal ein bisschen zu schön, um wahr zu sein, für Konflikte scheint es in Café Waldluft keinen Platz zu geben – sieht man einmal von einem jungen Mann ab, der sich kontinuierlich über das Essen beklagt. Irgendwie tut es aber auch ganz gut, dass es fernab der Talkshowrunden und düsteren Fernsehbilder auch ganz anders gehen kann. Völkerverständigung, das bedeutet manchmal einfach, einem kleinen Jungen eine Kalbswurst zu geben, die er essen könne. Wäre ja kein Schweinefleisch drin. Oder sich auch gemeinsam den Blick auf das umliegende Land zu gönnen.
Langweilig oder gar kitschig ist Café Waldluft deswegen nicht. Vielmehr ist es interessant, was eigentlich passiert, wenn die überforderten Neuankömmlinge mit den Alteingesessenen zusammenkommen oder auch mit den noch immer nach Berchtesgaden reisenden Touristen. Manchmal ist das Ergebnis fast schon lustig, manchmal eher bewegend, zumindest aber informativ. Nein, die Welt wird Koßmehl hiermit sicher nicht verändern, will es auch gar nicht. Vielmehr zeigt der fein beobachtete, unaufgeregte Dokumentarfilm, dass sich die Welt bereits verändert hat. Und dass das vielleicht nicht das Verkehrteste ist.
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