(„Home on the Range“ directed by Will Finn, John Sanford, 2004)
KKaum hat die ehemalige Show-Kuh Maggie auf der Farm „Patch of Heaven“ ein neues Zuhause gefunden, da heißt es schon wieder Abschied nehmen. Das liebe Geld ist es, welches die Besitzerin Pearl zwingt, ihr Hab und Gut aufzugeben. Oder besser: der Mangel an Geld. Nur wenige Tage bleiben der von einer schlechten Ernte geplagten älteren Dame, um die Rate noch bezahlen zu können, ansonsten muss sie ihr langjähriges Heim verkaufen. Das will Maggie aber nicht kampflos aufgeben, schnappt sich daher zwei ihrer Artgenossinnen – die vornehme Mrs. Caloway und die naiv-simple Grace – und macht sich mit denen auf den Weg in die Stadt, um dort irgendwie den nötigen Betrag aufzutreiben. Und tatsächlich will es das Schicksal so, dass gerade eine hohe Belohnung auf den Viehdieb Alameda Slim ausgesetzt ist. Aber können es drei Kühe wirklich mit einem gefährlichen Verbrecher aufnehmen?
Die Nachricht traf Animationsfans wie Nostalgiker vor etwas mehr als zehn Jahren mitten ins Herz: Disney zieht sich aus dem Zeichentrickgeschäft zurück, um sich fortan auf die profitableren am Computer erstellten Verwandten zu konzentrieren. Mehr als sechs Jahrzehnte lang waren die Künstler des Mäuseimperiums quasi ein Synonym für die liebgewonnene Technik gewesen, schenkten uns trotz gelegentlicher Durchhänger unzählige Klassiker. Ein solcher ist Die Kühe sind los dann aber nicht geworden, nicht einmal ein würdiger Abschluss.
Schon optisch ist das Abenteuer der drei Kühe recht enttäuschend. Wo Disney früher oft in detailverliebten Szenerien schwelgte, da ist hier Minimalismus angesagt. Die Wild-West-Hintergründe sind simpel und ohne große Abwechslung, wüsste man nicht, dass der Film von Disney stammt, man würde es anhand der Bilder kaum vermuten. Und auch nicht, dass Die Kühe sind los 110 Millionen Dollar bei der Produktion gekostet haben soll, da hat es schon deutlich Schöneres für deutlich weniger Geld gegeben. Aber um Schönheit ging es hier ohnehin nicht, die Figuren sind alle recht kantig und stilisiert gehalten. Das kann man sich alles ansehen, bewegt sich auf einem soliden Niveau, ein Hingucker ist der 45. Animationsfilm von Disney aber nicht, dafür ist er dann doch zu lieb- und ambitionslos.
Und das gilt dann leider auch für den Inhalt. Starke Charaktere und witzige Situationen gehören neben der Optik zu den Eckpfeilern eines guten Disney-Films. Beides wird hier pflichtbewusst abgearbeitet, ohne dass es einen jedoch zu Begeisterungsstürmen anregen würde. In bester odd-couple-Manier lässt man hier zwei grundverschiedene Kühe (plus der blasse Anhang Grace) aufeinanderprallen, kräftig kriseln und am Ende zusammenarbeiten. Das Prinzip ist bewährt, scheitert hier aber an den uninteressanten Protagonisten, die entweder überhaupt keinen Eindruck hinterlassen oder dann wieder an den Nerven kratzen. Der Humor wiederum besteht aus recht einfachen Slapstickmomenten, wie man sie eher bei den Looney Toons vermutet.
Die Idee, ausgerechnet Kühe in den Kampf gegen einen Viehdieb zu schicken, ist originell und bringt einige Pluspunkte – wie oft hat man schon die nicht unbedingt für Agilität und Grips bekannten Wiederkäuer als Protagonisten? Und auch dass Alameda Slim seine Jodelkünste zum Hypnotisieren seiner Opfer einsetzt, ist für einige Lacher gut. Ansonsten aber ist Die Kühe sind los ein erschreckend unkomischer, einfallsloser Film, der durch sein hohes Tempo und die überzeichneten Figuren vielleicht noch das jüngere Publikum 76 Minuten beschäftigen wird. Sofern man nicht gerade versucht, seine Disney-Sammlung zu komplettieren, kann man sich als Erwachsener das blasse, kaum bemerkenswerte Werk jedoch ohne größere Verluste sparen.
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