(„Mr. Robot – Season 1“, 2015)
Tagsüber kümmert sich Elliot Alderson (Rami Malek) bei der IT-Sicherheitsfirma Allsafe Cybersecurity darum, große Unternehmen vor Hackingangriffen zu schützen. Nachts ist er hingegen selbst als Hacker unterwegs, spioniert online jeder Person nach, der er begegnet und legt dabei den besonders schlimmen Leuten auch gleich das Handwerk. Eben dieses Talent will sich der mysteriöse Mr. Robot (Christian Slater) zu eigen machen, dem er in einer U-Bahn über den Weg läuft: Elliot soll ausgerechnet das riesige Konglomerat E Corp hacken, dem wichtigsten Kunden von Allsafe. Trotz des Gewissenskonflikts lässt sich der Technikspezialist darauf ein, aus Faszination, aber auch aus einem anderen, persönlichen Grund.
15 Jahre hatte Sam Esmail immer mal wieder mit der Idee gespielt, einen Film über die Hackerszene zu drehen, bis es aufgrund des umfangreichen Materials am Ende doch eine Serie wurde. 15 Jahre, da ist das Risiko groß, dass längst veraltete Inhalte ihren Weg in die Geschichte finden, aber auch dass viele Kompromisse eingegangen werden mussten, um einen Platz im Fernsehen zu bekommen. Beides ist nicht der Fall. Mit einem bemerkenswerten Gespür für aktuelle Themen greift Esmail aktuellere Ereignisse vom Arabischen Frühling bis zur Occupy-Bewegung auf. Und auf Nummer sicher ging er während der zehn Episoden, von denen er immerhin vier auch selbst inszenierte, ebenfalls nicht.
Wenn in Filmen das Hacken thematisiert wird, hat man oft das Gefühl, es sei letztendlich nicht mehr als eine Kulisse, die mal mehr (Who Am I?), mal weniger interessant (Blackhat) in Szene gesetzt wird, von der die Filmemacher aber letztendlich keine Ahnung hatten. Nicht so in Mr. Robot, in der teilweise mit so vielen Begriffen und Akronymen um sich geworfen wird, dass man als Laie gar nicht alle Details verstehen kann. Das ist in dem Fall aber kein Nachteil, vielmehr verstärkt es den Eindruck, hier tatsächlich in eine andere, fremde Welt einzutauchen. Aber auch inhaltlich hält sich Esmail kaum zurück, greift von Politikern über Wirtschaftsbosse bis hin zu Prominenten alles an, was ihm in den Sinn kommt.
Das soll nicht heißen, Mr. Robot würde ständig neue mutige Wege gehen. Esmail macht keinen Hehl daraus, wo seine Inspirationen herkommen, scheut sich auch nicht davor zurück, eine ganze Reihe von Klischees einzubauen, um dem Zuschauer entgegenzukommen und das Geschehen doch etwas leichter verdaulich zu machen. Und natürlich wurden auch sämtliche wichtigen Rollen mit ausgesprochen attraktiven Menschen besetzt, damit der Schein der Realität noch ein klein bisschen schöner wird. Am Ende geht es, Kritik am Kapitalismus und der Verlogenheit zum Trotz, doch auch um den kommerziellen Erfolg.
Über diese Zugeständnisse lässt sich aber leicht hinwegsehen, dafür ist Mr. Robot dann doch zu gut. Und zu spannend. Von einem kleinen Durchhänger im Mittelteil einmal abgesehen, fiebert man als Zuschauer eifrig mit, will wissen, wie der Hackerthriller nun ausgeht. Dass die Spannung auf einem hohen Niveau ist, hängt aber nicht nur mit der Geschichte zusammen, sondern auch damit, wie diese erzählt wird. Einen objektiven Blick auf die Ereignisse bekommen wir nicht, wir sehen alles durch die Augen von Elliot: einem medikamentenabhängigen, paranoiden Einzelgänger, der mit einem imaginären Begleiter spricht und in dessen Wahrnehmung „E Corp“ kontinuierlich zu „Evil Corp“ wird – ein netter kleiner Kniff, der uns daran erinnert, dass wir letzten Endes auch unserem Helden nicht trauen können.
Aber auch über den vielschichtigen, trotz seiner Offenheit undurchdringlichen Elliot hinaus tummeln sich in Mr. Robot eine Reihe interessanter Figuren. Die dankbarste Rolle bietet dabei natürlich die strippenziehende, anonyme Titelfigur, welche Christian Slater zu einem schauspielerischen Comeback verhalf und ihm ebenso wie der Serie an sich dieses Jahr einen Golden Globe einbrachte. Bemerkenswert ist aber auch, dass es trotz des starken Technikfokus gleich mehrere starke Frauenrollen gibt: Darlene (Carly Chaikin) ist selbst eine talentierte Hackerin, Elliots Kindheitsfreundin und Kollegin Angela (Portia Doubleday) zwar eher wenig technikbewandert, dafür aber ohne Furcht vor den Leuten da oben. Und dann wäre da noch Joanna Wellick (Stephanie Corneliussen), die ihrem manipulativen, intriganten Mann Tyrell (Martin Wallström), einem hohen Tier bei E Corp, an Skrupellosigkeit nicht hintenansteht. Das ist manchmal zwar ein wenig übertrieben, der Unterhaltungsfaktor ist aber hoch und lässt einen neugierig werden, wie es nach dem wendungsreichen und doch befriedigenden Finale weitergehen wird. Glücklicherweise müssen wir auf die Antwort nicht allzu lange warten, Staffel 2 wurde bereits in Auftrag gegeben, noch bevor die Serie an den Start ging – was sicher auch ein Zeichen deren Qualität ist.
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