(„Noah’s Island – Season 2“ directed by Philippe Leclerc, Alan Simpson, Frederic Trouillot, 1998)
So nah und doch so fern! Fast hätten es Eisbär Noah und seine Begleiter geschafft, mit ihrer fahrenden Insel das sagenumwobene Diamantina zu erreichen, das für sie zu einer neuen Heimat werden soll. Da geraten sie ausgerechnet kurz vorm Ziel in eine Meeresströmung, die sie wieder in einen völlig anderen Teil der Erde befördert. Anstatt ihr Schicksal zu beklagen, beschließt die tierische Gemeinschaft, das Beste aus der Situation zu machen, unterwegs noch ein paar neue Arten aufzunehmen und diesen so eine neue Zukunft zu bieten.
Wer die erste Staffel von Oiski! Poiski! – Neues von Noahs Insel kennt, der weiß schon ziemlich genau, was ihn hier erwartet, denn die europäische Koproduktion nimmt das Originalrezept und verändert es nur in Nuancen. Noch immer dreht sich hier also alles um eine wild zusammengewürfelte Tierschar, welche auf dem Weg ins Paradies diverse kleine kinderfreundliche Abenteuer zu überstehen hat. Dass die Reise durch das „zufällige“ Abdriften noch in die Länge gezogen wird, war zwar nicht der eleganteste Einfall. Aber bei der Zeichentrickserie war ja von Anfang an der Weg das Ziel.
Außerdem erlaubt der Kniff den Drehbuchautoren, durch den Umweg nach Australien und den indischen Ozean noch mehr eigentlich gar nicht zusammenpassende Tiere zusammenzuführen, wie auf der biblischen Arche Noah eben. Deren Ursprungsgedanke – wir müssen die Fauna retten! – ist dieses Mal sogar deutlich ausgeprägter. War man zuvor nur eine Zweckgemeinschaft, versteht man die gemeinsame Reise nun als eine Art Mission, bei diversen Rettungseinsätzen entdeckt Oiski! Poiski! nun sein ökologisches Herz. Dass ausgerechnet ein Eisbär, immerhin das größte an Land lebende Raubtier, zur Rettung der Tiere auserkoren wurde, ist dabei nicht frei von Ironie. Letzten Endes ist der titelgebende Noah aber ohnehin nicht das ganz große leuchtende Vorbild: Im Gegensatz zu anderen Zeichentrickprotagonisten ist er oft auf die Hilfe anderer angewiesen, zumindest in einer Folge ist er auch nicht ganz so selbstlos, als er zugibt, keine Schlangen auf seiner Insel zu wollen. Denn die mag er nicht.
Zum Glück mangelt es ihm und damit dem Zuschauer aber nicht an Alternativen: Nach dem Motto „je exotischer, desto besser“, plünderten die Serienmacher doch recht kräftig das von Mutter Natur vorgegebene Angebot, irgendwann tummeln sich neben den ursprünglichen Eisbären, Mammuts und einem Hasen noch Löwen, Giraffen, Maulwürfe, Erdferkel, Pudel, Kängurus, Pandas, Mungos, Bandicoots und sogar ein eigentlich ausgestorbener Dodo auf der Insel. Ganz zu schweigen von einem hypnotisch begabten Fabelwesen, das ebenfalls mal vorbeischaut, um die Herrschaft an sich zu reißen. Damit bewegt sich Oiski! Poiski! nun vollends weg von der Realität, was ein bisschen schade. Andererseits bestand der Charme von Anfang an auch irgendwo in dieser Absurdität. Und absurd ist hier einiges: Ein Bisamrüssler hält sich einen Heuschreckenzirkus, da wird Medizin aus Gläsern getrunken, die neu hinzugekommene Gorilladame Gertie vermisst ihren Fernseher. Geschadet hat die Abkehr von jeglichem Normalitätsanspruch der Serie nicht, schließlich kommt so mehr Abwechslung ins Spiel.
Optisch ist die nach wie vor nicht die höchste. Zwischenzeitlich wird die Szenerie durch den Ausflug in die Wüste etwas aufgelockert, ansonsten aber muss man sich mit den ewig gleichen Hintergründen der Insel zufriedengeben. Die sind zwar irgendwie hübsch gemalt, ebenso wie die Animationen aber recht einfacher Natur. Die junge Zielgruppe wird sich daran aber wohl kaum stören, sondern darf sich an den insgesamt etwas humorvolleren, weniger auf Pädagogik bedachten Geschichten der zweiten Staffel erfreuen, die erstmals auf DVD vorliegt.
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