(„The Finest Hours“ directed by Craig Gillespie, 2016)
1952 in den USA: Bernie Webber (Chris Pine) ist ein junger pflichtbewusster Seemann. So pflichtbewusst, dass er den Antrag seiner Freundin Miriam (Holliday Grainger) erst einmal nicht annehmen kann, bevor er nicht seinen Vorgesetzten Daniel Cluff (Eric Bana) um Erlaubnis gefragt hat. Und so folgt Bernie dann auch ohne zu murren dessen Befehl, mit einem kleinen Boot über die stürmische See zu fahren, um die Besatzung eines in zwei gebrochenen Tankers zu retten. Während Bernie nun versucht, wieder aller Wahrscheinlichkeit dorthin zu gelangen, und Miriam sich für den Abbruch des Einsatzes stark macht, hat der Maschinist Ray Sybert (Casey Affleck) alle Hände voll zu tun, damit der Tanker nicht sofort auf Grund läuft.
„32 Überlebende. Nur Platz für 12.“, steht da in Großbuchstaben auf dem Plakat von The Finest Hours. Ein moralisch äußerst diffiziles Problem, welches unter anderem in The Philosophers hin und her gewälzt wurde: Wenn nur einige Menschen gerettet werden können, nach welchen Kriterien sucht man diese aus? Mit dem Inhalt des Films hat dies aber nur wenig zu tun: Erst heißt es sehr lange warten, bis diese inhaltliche Stelle überhaupt erreicht wird. Und dann spielte der Punkt nicht einmal eine tatsächliche Rolle. Nun kann man über diese kleine Mogelpackung hinwegsehen, nicht jeder Film muss zum Nachdenken anregen, wenn er dafür gut unterhält. The Finest Hours tut das aber nur manchmal.
An der Optik gibt es, wie es sich für einen Film aus dem Hause Disney gehört, nur wenig auszusetzen. Die meterhohen Wellen sind beeindruckend, geradezu furchteinflößend. Wenn Bernie mit seinem Miniboot versucht, seinen Weg durch die Wände aus Wasser zu finden, dann wirkt das so, als würde eine Ameise einen Elefanten überwältigen wollen. Und selbst in dem riesigen Tanker ist man vor den Naturgewalten nicht gefeit: So beklemmend ist der Moment der Katastrophe, dass man stillschweigend den Entschluss fasst, nie wieder an Bord eines Schiffes zu gehen. Manchmal sind die rasant geschnittenen und sehr dunklen Szenen ein wenig unübersichtlich und es erschließt sich nicht genau, was da nun genau passiert. Aber wirklich störend ist das nicht, dafür ist das Ergebnis zu effektiv.
Dafür warten außerhalb der Schiffswände gleich mehrere störende Faktoren. Da wäre zum einen die bis an die Schmerzgrenze dröhnend-bombastische Musik, die wohl irgendwie den Eindruck erwecken will, dass es bei The Finest Hours um nicht weniger als den Weltuntergang geht. Schlimmer noch sind aber die Figuren, allen voran Miriam, die in dem Film genau drei Aufgaben bekommt: 1. Das absurde Pflichtbewusstsein von Bernie aufzeigen. 2. Mit Stöckelschuhen, einem hübschen Kleid und adretter Frisur durch den Schnee stapfen. 3. Für ein kitschiges Ende sorgen. Die anderen laden nicht ganz so sehr dazu ein, mit den Augen zu rollen, sind vielmehr eine Ansammlung recht langweiliger Klischees. Auch deshalb fühlt man sich beim recht altmodisch gestrickten Katastrophenfilm ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückversetzt. Den Rest erledigt die doch sehr schöne 50er-Jahre-Ausstattung, welche zusammen mit den Wasserszenen den mitunter dürftigen Inhalt zwar nicht völlig vergessen lassen, den auf historischen Begebenheiten beruhenden Film aber doch zumindest noch auf ein Durchschnittsniveau hieven.
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