(„The Hallow“ directed by Corin Hardy, 2015)
De letzten Wälder Irlands sollen verkauft werden, so sieht es der Plan der Regierung vor. Dem Londoner Wissenschaftler Adam Hitchens (Joseph Mawle) fällt dabei die Aufgabe zu, die Bäume genauer unter die Lupe zu nehmen, und zieht deshalb mit Frau Clare (Bojana Novakovic), ihrem jungen Sohn und dem Hund mitten ins irische Niemandsland. Die wenigen Menschen, die dort wohnen, begegnen den Neuankömmlingen mit Misstrauen, vor allem Nachbar Colm (Michael McElhatton) tut alles dafür, damit sich die Hitchens nicht wohlfühlen. Fabelwesen, die Hallows genannt, sollen in den dunklen Wäldern ihr Unwesen treiben, so lautet seine Warnung. Adam interessiert sich jedoch kaum dafür und geht unbeirrt seiner Arbeit nach – bis er tatsächlich Zeuge seltsamer Vorkommnisse wird.
Aller schrecklichen Dinge sind drei: Auf dem letztjährigen Fantasy Filmfest hatten Horrorfans die erste Gelegenheit, den irischen Hinterwaldhorror The Hallow unter die Lupe zu nehmen, pünktlich zu Silvester folgte die zweite während des regulären Kinostarts. Nun sind auch die Daheimgebliebenen an der Reihe und dürfen sich bei dem Debüt von Corin Hardy kräftig schauern – mal aus den gewollten Gründen, mal aus weniger gewollten.
Eines muss man dem Regisseur und Ko-Autoren, der zuvor diverse Kurzfilme gedreht hat, dabei lassen: Er hat ein Händchen – und das Auge – für stimmungsvoll-alptraumhafte Szenerien. Wälder sind ja quasi prädestiniert dazu, uns in Angst und Schrecken zu versetzen: Sie sind dunkel, unübersichtlich, überall raschelt und poltert etwas. Sie seien hier nicht in London, sondern in einem Wald, meint irgendwann dann auch der panisch herbeigerufene Polizist. Und da könne es nachts schon mal ein wenig lauter werden. Und Nacht scheint es in The Hallow irgendwie immer zu sein, selbst wenn es Tag ist, Licht dringt hier kaum zur unerwünschten Familie vor. Zur Not fällt dann eben ein Generator aus oder es steht ein Ausflug auf den Dachboden an, Hauptsache es ist dunkel und unheimlich.
Ohnehin ist bei der britisch-irischen Koproduktion vieles nur ein Mittel zum Zweck: Die Figuren verhalten sich willkürlich, teils idiotisch, um den Horror voranzutreiben, wird auch schon einmal die Logik völlig außer Acht gelassen. Genrefans wird das weniger stören, denn wenn es ins Fantastische geht, da drückt man schon einmal das eine oder andere Auge zu. Bedauerlich ist aber, wie wenig aus der doch ungewöhnlichen Folklore der Grünen Insel gemacht wurde, die mit ihren Feen, Geisterfrauen und sonstigen furchteinflößenden Waldbewohnern genügend Stoff für einen Grusel der etwas anderen Art liefert.
Das findet sich in The Hallow aber nur in Ansätzen. Die später auftauchenden, wohlig altmodisch gestalteten Kreaturen sind sicher ungewöhnlich, man erfährt jedoch recht wenig über sie. Ein altes Märchenbuch, mit dem Colm die Neuankömmlinge von dem Schrecken der Wälder überzeugen will, stellt die Fabelwesen mit schönen alten Zeichnungen kurz vor, ansonsten hält sich Hardy aber an das Einmaleins des Horrorfilms: viel Schatten, schemenhafte Gestalten im Augenwinkel, knarrendes Holz, dazu noch eine dicke Portion Home-Invasion-Elemente. Nein, neu ist an der irischen Hölle wenig, für sein Debüt hält sich der Filmemacher erst einmal an das Bewährte. Das jedoch weiß er gewinnbringend einzusetzen, atmosphärisch ist The Hallow auf jeden Fall gelungen, lässt auch nicht lange auf seine ersten Schreckmomente warten, rund anderthalb Stunden macht Hardy das Beste aus dem, was er findet. Es wäre noch wünschenswert, wenn er beim nächsten Mal auch den Inhalt dabei hat, den die vielversprechende Inszenierung verdient.
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